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Beweislastumkehr beim Schadenersatz in Österreich

Ältere Dame zeigt mit Zeigefinger auf.

Ebenso wie bei der Beweislastumkehr bei Gewährleistung handelt es sich auch beim Schadenersatz um eine Ausnahme vom rechtlichen Grundsatz. Wie ist die Beweislastumkehr bei Schadenersatz in Österreich geregelt? Gibt es Unterschiede bei der Beweislastumkehr beim Schadenersatz im Vergleich zur Gewährleistung?

Laut Gewährleistungsgesetz geht man bei Schäden, die innerhalb von 6 Monaten nach Übergabe auftreten, davon aus, dass sie bei Übergabe bereits vorhanden waren (versteckter Mangel). Die Beweislast liegt bis dahin beim Verkäufer und erst danach gilt die Beweislastumkehr bei Gewährleistung, d.h. der Käufer muss nachweisen, dass der Mangel bei Übergabe vorhanden war.

Was fällt unter Schadenersatz und was besagt das Schadenersatzrecht in Österreich? Der folgende Artikel soll Ihnen einen Überblick über alle Aspekte der Beweislastumkehr beim Schadenersatz in Österreich geben. 

Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste in Kürze:

Schadensersatzrecht in Österreich

Die österreichische Rechtsprechung spricht im Rahmen des Schadenersatzrecht in Österreich immer dann von einem Schaden, wenn jemandem ein Nachteil an Vermögen, Rechten oder seiner Person zugefügt wird. 

Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch ist ein ursächliches, rechtswidriges und schuldhaftes Handeln des Schädigers. Ebenso ist ein Mitverschulden des Geschädigten zu berücksichtigen. Für bestimmte gefährliche Anlagen und Einrichtungen gibt es eine vom Verschulden unabhängige Gefährdungshaftung. 

Das Schadenersatzrecht in Österreich unterscheidet außerdem zwischen einem positiven Schaden und einem entgangenen Gewinn. Bezüglich der Rechtswidrigkeit wird nochmals zwischen Schadenersatz ex delicto (deliktischer Schadenersatz) und Schadenersatz ex contractu (vertraglicher Schadenersatz) differenziert. 

Anders als in Deutschland prüft das Schadenersatzrecht in Österreich, ob ein rechtswidriges Verhalten der betroffenen Person vorhanden war. Das heißt es wird geschaut, ob sich die Person so verhalten hat, wie sich ein rechtstreuer Mensch verhalten hätte.

Was fällt unter Schadenersatz?

Schadensersatzansprüche bestehen sowohl für einen Schaden an der Sache selbst (Mangelhaftung im Rahmen der Gewährleistung) als auch für die Folgeschäden.

Beim Schadenersatz spricht man von einem Vermögensschaden, wenn eine Beschädigung an vorhandenen Gütern stattfand oder ein Gewinn entgangen ist (z.B. Verdienstentgang). Bei einem ideellen Schaden handelt es sich um einen Schaden, der in der Gefühlswelt des Betroffenen eingetreten ist (z.B. Schmerzensgeld, entgangene Urlaubsfreuden).

Des Weiteren unterscheidet man zwischen einem Nichterfüllungsschaden und Vertrauensschaden. Der Nichterfüllungsschaden – oder positives Interesse – entsteht, wenn eine vertragliche Verpflichtung nicht erfüllt wird. Der Vertrauensschaden – oder negatives Interesse – entsteht dann, wenn auf das Zustandekommen eines Vertrages vertraut wurde, dieser aber nicht geschlossen wird.

Schadenersatz ex contractu

Man unterscheidet zwischen Schadenersatz ex delicto (deliktischer Schadenersatz) und Schadenersatz ex contractu (vertraglicher Schadenersatz). Schadenersatz ex contractu (aus Vertrag, vertraglich, Vertrag) bezieht sich auf Ansprüche, die auf vertraglichen Grundlagen beruhen. 

Der ex contractu Schadensersatz ergibt sich aus einer Vertragsverletzung (Haupt- und Nebenleistungspflichten, Verhaltenspflichten, vorvertragliches Schuldverhältnis). Demgegenüber steht der ex delicto Schadensersatz, der sich auf den Verstoß gegen absolute Rechte, Schutzgesetze oder gute Sitten bezieht.     

Wie lange bestehen Schadenersatzansprüche?

Im Schadensersatzrecht in Österreich bestehen sehr lange Haftungsfristen, sodass ein Anspruch erst nach 3 Jahren ab Kenntnis des Schadens und Schädigers verjährt. Jedenfalls aber nach dem Verstreichen von 30 Jahren, d.h. tritt nach 10 Jahren ein Schaden auf, dann hat man vom 10. bis zum 13. Jahr Zeit, Schadensersatzansprüche geltend zu machen.

Die langen Haftungsfristen spielen für Mängel an der Sache selbst eine Rolle, da der Übernehmer bei vorliegendem Verschulden des Übergebers weit über die Dauer der Gewährleistung hinaus, Ansprüche für einen Schaden geltend machen kann.

Vorrang der Verbesserung bei Schadenersatz

Ebenso wie bei der Gewährleistung muss der Geschädigte dem Schädiger die Möglichkeit einräumen, eine Verbesserung des Schadens vorzunehmen. Auch hier gilt der Vorrang der Verbesserung. Bevor der Geschädigte demnach einen Geldersatz einfordern kann oder eine Drittfirma zur Reparatur beauftragt, muss der Schadenersatzpflichtige aufgefordert werden, den Mangel selbst zu beheben.

Beweislastumkehr bei Schadenersatz

Beim Gewährleistungsrecht gilt nach Ablauf von 6 Monaten nach Übergabe die Beweislastumkehr, d. h. ab diesem Zeitpunkt muss der Übernehmer nachweisen, dass der Mangel bei Übergabe vorhanden war. 

Doch wie ist die Beweislastumkehr beim Schadenersatz geregelt? Bei Schadenersatzansprüchen ist diese Frist länger, sodass der Geschädigte innerhalb der ersten 10 Jahre nicht das Verschulden des Schädigers nachweisen muss, sondern der Schädiger beweisen muss, dass ihn kein Verschulden trifft. 

Dies bezieht sich sowohl auf einen Mangelschaden (z.B. ein undichtes Dach) als auch auf den Mangelfolgeschaden (z.B. Wasserschaden durch das undichte Dach).

Erst nach Ablauf der 10 Jahre – demnach für die nächsten 20 Jahre – gilt die Beweislastumkehr bei Schadenersatz, d.h. der Geschädigte muss nun nachweisen, dass der Schädiger für den Schaden verantwortlich ist. 

Nur bei Verträgen, die vor dem 1. Jänner 2002 abgeschlossen wurden, gilt keine Beweislastumkehr bei Schadenersatz. Demzufolge muss der Schädiger für den gesamten Haftungszeitraum von 30 Jahren beweisen, dass ihn im Falle eines Schadens kein Verschulden trifft.

Gewährleistung statt Schadenersatz – Unterschiede bei der Beweislastumkehr

Eine Besonderheit der Beweislastumkehr bei Schadenersatz besteht darin, dass die Beweislastumkehr beim Schadenersatz erst nach 10 Jahren nach der Übergabe eintritt. 

Demnach muss der Geschädigte bis zu diesem Zeitpunkt nicht das Verschulden des Schädigers nachweisen. Dies gilt für den Mangelschaden (z.B. undichtes Dach) sowie für den Folgeschaden (z.B. Wasserschaden auf dem Dachboden). 

Für die restlichen 20 Jahre der 30-jährigen Verjährungsfrist muss der Geschädigte das Verschulden des Übergebers allerdings nachweisen. 

Nur für Verträge, die vor dem 1. Jänner 2002 abgeschlossen wurden, erfolgt keine Beweislastumkehr beim Schadenersatz während der gesamten 30 Jahre. Bei diesen Verträgen muss der Schädiger nachweisen können, dass ihn keine Schuld trifft.   

Schadenersatz und Beweislastumkehr beim Baumangel

In Österreich besteht eine Konkurrenz zwischen Gewährleistung und Schadenersatz, wonach der Übernehmer einer mangelhaften Sache auch Schadenersatz fordern kann, wenn der Übergeber für den Baumangel verantwortlich ist. 

Kann ein Übernehmer keine Gewährleistungsansprüche mehr geltend machen, da der Schaden nach 3 Jahren (Gewährleistungsfrist für unbewegliche Sachen) auftrat, dann hat er die Möglichkeit, Schadenersatz zu beanstanden. 

Er kann diese Ansprüche bis zu drei Jahre nach Kenntnis des Schadens und des Schädigers durchsetzen. Auch bei einem Baumangel gilt bei Schadenersatz eine Beweislastumkehr, wobei diese 10 Jahre beträgt. In den ersten 10 Jahren ab Übernahme wird das Verschulden des Bauunternehmens bzw. Übergebers vermutet und die Beweislastumkehr tritt bei Schadenersatz erst nach diesem Zeitraum ein. 

Jedoch muss der Übernehmer das Vorhandensein eines Baumangels mithilfe eines Sachverständigen beweisen.   

Beispiel:
Die Firma Müller & Schmitt Heizungsinstallationen baut Herrn Blume eine Heizungsanlage in seinen Neubau ein. Im Zuge der Einbauarbeiten werden Böden und Wände zerkratzt und Türen in Mitleidenschaft gezogen. Herr Blume muss beweisen können, dass die Schäden durch das Unternehmen entstanden sind. Das Unternehmen muss nachweisen können, dass es kein Verschulden trifft.

Höhe des Schadenersatzes in Österreich

Die Höhe des Schadenersatzes in Österreich richten sich nach verschiedenen Faktoren. Grundsätzlich geht es beim Schadenersatz darum, die Wiederherstellung des vorherigen Zustands zu erreichen, so als ob der Schaden nie eingetreten wäre. Ist die Wiederherstellung jedoch nicht möglich, muss der Schaden durch Geldleistung ersetzt werden. 

Dies kann aber auch der Fall sein, wenn der Geschädigte die Wiederherstellung des vorherigen Zustands nicht wünscht. Bei der Höhe des Schadenersatzes ist in Österreich nach dem Grundsatz des Schadenersatzrecht der gemeine Wert zu ersetzen – der Wiederbeschaffungswert der Sache oder der Verkehrswert. Ebenso müssen die Kosten der Neuherstellung gedeckt werden.

Die Höhe des Schadenersatzes ist in Österreich auch vom Verschuldungsgrad abhängig. Je nach Grad der Sorglosigkeit unterscheidet man zwischen grober und leichter Fahrlässigkeit. Dies spielt bei der Ermittlung der Höhe des Schadenersatzes in Österreich eine zentrale Rolle. 

Abhängig vom Grad der Verschuldung wird der zu leistende Schadenersatz berechnet. Bei leichter Fahrlässigkeit muss der Schädiger nur für die erlittene Beschädigung (positiver Schaden) nach ihrem objektiv zu berechnenden Wert aufkommen. 

Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz muss volle Genugtuung geleistet werden, d.h. der Geschädigte muss den konkret entstandenen Schaden (erlittene Beschädigung und entgangener Gewinn) ersetzt bekommen.

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