Gewährleistung ABGB – Was besagt das Gesetz?
- Redaktion Anwaltfinden.at
In Rechtsberatungen kommt es bei der Unterscheidung von Garantie und Gewährleistung meist zu Schwierigkeiten, da Verbraucher der Meinung sind, dass es sich um dasselbe handelt.
Aus diesem Grunde ist es wichtig die Gesetzlage des ABGB zur Gewährleistung zu untersuchen. Was besagt das Gesetz? Welcher Unterschied besteht zwischen Garantie und Gewährleistung? Welche Unterscheidung macht das ABGB bei der Gewährleistung in Österreich?
Der folgende Artikel gibt Ihnen einen ausführlichen Überblick über die aktuelle Gesetzeslage und verdeutlicht dies am Beispiel eines Kaufvertrags.
- Die Gewährleistung ist im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) und im Konsumentenschutzgesetz geregelt.
- Wird eine Sache für ein Entgelt veräußert, muss der Veräußerer dem Erwerber nach ABGB Gewährleistung geben.
- Die Gewährleistungsfrist für bewegliche Sachen beträgt 2 Jahre und für unbewegliche Sachen 3 Jahre.
- Bei gebraucht beweglichen Gegenständen darf die Frist auf ein Jahr reduziert werden. Bei Gebrauchtwagen gibt es Ausnahmen.
- Bei Privatverkäufen kann die Gewährleistung ausgeschlossen werden. Ebenso kommt es bei arglistiger Täuschung zum Gewährleistungsausschluss.
Inhaltsverzeichnis
Was versteht man unter Gewährleistung im ABGB?
Die Gewährleistung ist sowohl im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 922 ff ABGB Gewährleistung) als auch im Konsumentenschutzgesetz für Verbrauchergeschäfte verankert. Die Regelungen der Gewährleistung befinden sich in den § 922 – 933 ABGB. Für unternehmens-bezogene Geschäfte finden sich weitere Bestimmungen im Unternehmensgesetzbuch.
Gemäß § 922 ff ABGB muss jemand, der einem anderen eine Sache für ein Entgelt überlässt, Gewähr dafür leisten, dass sie dem Vertrag entspricht. Demnach haftet der Übergeber (Verkäufer/Werkunternehmer) nach ABGB bei der Gewährleistung dafür, dass die Sache die versprochenen Eigenschaften erfüllt.
Daraus ergibt sich, dass der Übergeber für jeden Mangel an der Sache aufkommen muss, sofern dieser bei der Übergabe vorlag. Hierbei kann es sich sowohl um einen Sach- als auch um einen Rechtsmangel handeln. Der Käufer kann sich dann auf die Bestimmungen des ABGB für die Gewährleistung stützen.
- § 922 ABGB Gewährleistung
„Wer einem anderen eine Sache gegen Entgelt überlässt, leistet Gewähr, dass sie dem Vertrag entspricht. Er haftet also dafür, dass die Sache die bedungenen oder gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften hat, dass sie seiner Beschreibung, einer Probe oder einem Muster entspricht und dass sie […] verwendet werden kann.“
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Was besagt das Konsumentenschutzgesetz?
Die Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes verbieten jeglichen Ausschluss oder eine Einschränkung der gesetzlichen Gewährleistung. Ebenso ist eine Verkürzung nicht zulässig.
Nur bei gebraucht beweglichen Gegenständen gibt es eine Ausnahme durch eine einjährige Frist. Doch auch hier gibt es eine Besonderheit, denn bei Gebrauchtwagen darf die Frist erst auf ein Jahr verkürzt werden, wenn seit dem ersten Tag der Zulassung bis zum neuerlichen Verkauf bereits ein Jahr verstrichen ist.
Des Weiteren regelt das Konsumentenschutzgesetz auch die Bestimmungen hinsichtlich der Garantiezusage; z.B. muss sie einfach und verständlich formuliert sein und es muss ersichtlich sein, dass sie nicht die gesetzliche Gewährleistung ausschließt.
Welche Möglichkeiten hat der Verbraucher bei der Gewährleistung nach ABGB?
Hat der Käufer einen Anspruch auf Gewährleistung, dann kann er die Behebung des Mangels oder einen Austausch der mangelhaften Ware verlangen. Kann der Verkäufer diesem Wunsch nicht nachkommen oder ist die Behebung bzw. der Austausch mit einem erhöhten Aufwand verbunden, kann eine Preisminderung oder Wandlung des Kaufvertrags begehrt werden.
- § 932 ABGB Rechte aus der Gewährleistung
„Der Übernehmer kann wegen eines Mangels die Verbesserung (Nachbesserung oder Nachtrag des Fehlenden), den Austausch der Sache, eine angemessene Minderung des Entgelts (Preisminderung) oder die Aufhebung des Vertrags (Wandlung) fordern. Zunächst kann der Übernehmer nur die Verbesserung oder den Austausch der Sache verlangen, es sei denn, dass die Verbesserung oder der Austausch unmöglich ist oder für den Übergeber, […] oder mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre.“
Bei der Wandlung handelt es sich um eine Auflösung bzw. Umkehrung des Rechtsgeschäfts, d.h. Ware zurück, Geld zurück. Im Hinblick auf die Gewährleistung spricht das ABGB hierbei von primären bzw. sekundären Gewährleistungsbehelfen.
Die Verbesserung oder der Austausch der Ware muss innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen und muss mit geringen Unannehmlichkeiten für den Käufer verbunden sein, ansonsten hat der Käufer das Recht auf Preisminderung oder Wandlung.
„Die Verbesserung oder der Austausch ist in angemessener Frist und mit möglichst geringen Unannehmlichkeiten für den Übernehmer zu bewirken […]. Sind sowohl die Verbesserung als auch der Austausch unmöglich oder für den Übergeber mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden, so hat der Übernehmer das Recht auf Preisminderung oder […] das Recht auf Wandlung.“
Verweigert der Verkäufer einen Austausch oder die Behebung des Mangels oder kann er den Austausch nicht innerhalb der angemessenen Frist durchführen oder ist die Abnahme mit erheblichen Unannehmlichkeiten (Lärm- und/oder Schmutzbelästigung) für den Übernehmer verbunden, dann besteht auch ein Recht auf Preisminderung oder Wandlung.
„Dasselbe gilt, wenn der Übergeber die Verbesserung oder den Austausch verweigert oder nicht in angemessener Frist vornimmt, wenn diese Abhilfen für den Übernehmer mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wären oder wenn sie ihm aus triftigen, in der Person des Übergebers liegenden Gründen unzumutbar sind.“
Die Gewährleistungsbehelfe im Überblick
Ein Käufer kann zunächst Austausch oder Verbesserung (Reparatur) verlangen. Unter den folgenden Umständen ist aber auch eine Preisminderung oder Wandlung möglich:
- Eine Verbesserung oder ein Austausch ist nicht möglich;
- mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand bzw. Unzumutbarkeit für den Käufer verbunden;
- der Verkäufer verweigert einen Austausch oder eine Verbesserung oder führt diesen nicht innerhalb der vorgesehenen Frist durch.
Prinzipiell besteht ein Wahlrecht zwischen Preisminderung und Wandlung, allerdings ist die Wandlung bei geringfügigen Mängeln ausgeschlossen
Welche Fristen bestehen für die Gewährleistung nach ABGB?
Der Anspruch auf Gewährleistung ist dabei an spezifische Fristen gebunden, wobei die Frist bei beweglichen Sachen (z.B. Laptop, Auto) 2 Jahre beträgt und bei unbeweglichen Sachen (z.B. Immobilien) 3 Jahre.
Dabei muss streng zwischen der rechtsgeschäftlichen Garantie des Verkäufers/Herstellers und der Gewährleistung unterschieden werden. Die gesetzliche Gewährleistung ist im ABGB fest verankert, wohingegen die Garantie des Herstellers auf freiwilliger Basis ist. Die Garantie schließt dabei die Gewährleistung nicht aus.
Wie lange Garantie auf die Ware besteht und unter welchen Auflagen der Garantieanspruch besteht und geltend gemacht werden kann, ist abhängig von der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung zwischen Verkäufer und Käufer. Garantieerklärungen findet man in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Unterschied zwischen Sachmängel und Rechtsmängel bei der Gewährleistung nach ABGB
Man unterscheidet im Rahmen der Gewährleistung zwischen Sachmängeln und Rechtsmängeln, wobei es sich bei Sachmängeln um Mängel handelt, die einer Sache anhaften. Dies kann ein defektes Auto sein. Ein Sachmangel liegt immer dann vor, wenn die Sache nicht den vertraglichen Vereinbarungen entspricht. Bei diesem Mangel kann es sich sowohl um einen qualitativen als auch quantitativen Mangel handelt. Die Frist für die Gewährleistung beginnt ab der Übergabe der Sache.
Von einem Rechtsmangel spricht man dann, wenn der Veräußerer dem Erwerber nicht die rechtliche Position verschafft, die er ihm nach dem Vertrag verschaffen müsste. Dies kann der Fall sein, wenn sich jemand als Eigentümer ausgibt, eine fremde Sache veräußert und der Erwerber das Eigentum nicht erwirbt oder auf der Sache Lasten haften.
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Der Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe
Gewährleistungsansprüche bestehen gemäß § 923 ABGB nur dann, wenn ein Mangel bereits bei der Übergabe vorhanden war. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Mangel zu diesem Zeitpunkt bereits erkennbar sein musste.
Viele Mängel, gerade im Zusammenhang mit Qualitätsproblemen oder Konstruktionsfehlern, treten meist erst nach längerem Gebrauch auf.
Vermutung der Mangelhaftigkeit und Frist
Wird der Mangel innerhalb von 6 Monaten nach Übergabe erkannt, nimmt der Gesetzgeber laut § 924 ABGB an, dass die Mangelhaftigkeit der Sache bereits bei der Übergabe vorlag.
Wird der Mangel vor Ablauf der 6 Monate festgestellt, muss der Veräußerer beweisen können, dass der Mangel bei der Übergabe nicht vorlag. Keine Vermutung der Mangelhaftigkeit liegt vor, wenn sie mit dem Mangel unvereinbar ist und ein offenkundiger Sturz oder äußere Einwirkungen sichtbar sind, die vom Erwerber verursacht wurden.
Insgesamt beträgt die Frist in der die Ansprüche der Gewährleistung nach ABGB geltend gemacht werden können bei beweglichen Sachen 2 Jahre und bei unbeweglichen Sachen 3 Jahre (siehe § 933 ABGB Gewährleistung).
Erst nach Ablauf der 6 Monaten erfolgt eine Beweislastumkehr und der Käufer muss beweisen, dass der Mangel bei Übergabe vorlag.
Keine Haftung bei offenkundigen Mängeln
Gemäß § 928 ABGB der Gewährleistung besteht kein Anspruch, wenn „die Mängel einer Sache in die Augen fallen oder die auf der Sache haftenden Lasten aus den öffentlichen Büchern zu ersehen sind“.
Eine Ausnahme liegt nur dann vor, wenn ein Mangel arglistig verschwiegen oder eine Eigenschaft/Beschaffenheit der Sache ausdrücklich zugesagt wurde bzw. Schulden oder Rückstände auf der Sache haften. Dann muss der Übergeber/Veräußerer Gewähr zu leisten.
Ein offenkundiger Mangel besteht dann, wenn er „bei Anwendung von im Rahmen gewöhnlicher Fähigkeit liegenden Fleißes und Aufmerksamkeit (§ 1297 ABGB) bemerkt werden kann“. Mängel sind nur dann augenfällig, wenn sie auch ohne Untersuchung auffallen oder bei einer ordnungsgemäß durchgeführten Untersuchung zutage gefördert werden.
Handelt es sich jedoch um einen nur vom Fachmann erkennbaren Mangel, spricht man von einem verborgenen Mangel. Meist geht man davon aus, dass der Erwerber nicht ausreichend Sachkenntnis oder Hilfsmittel besitzt, um den Mangel zu erkennen; es sei denn, er springt einem geradezu ins Auge.
Ausschluss der Gewährleistung nach ABGB
Gemäß § 928 ABGB des Gewährleistungsrechts ist für Mängel, die offensichtlich sind, d.h. ins Auge fallen, grundsätzlich keine Gewähr zu leisten. Nichtsdestotrotz muss der Verkäufer bei Offenkundigkeit haften, wenn er die fehlende Eigenschaft ausdrücklich zugesichert oder arglistig verschwiegen hat.
Ebenso müssen Schulden und Rückstände, die auf der Sache haften, vom Veräußerer vertreten werden (z.B. Hypotheken und Pfandrechte an beweglichen Sachen).
Kauft der Übernehmer wissentlich eine fremde Sache oder verzichtet er ausdrücklich auf die Gewährleistung, dann wird die Gewährleistung im ABGB von § 929 ausgeschlossen. Die Rechtmäßigkeit eines Gewährleistungsausschlusses findet seine absolute Grenze in der Sittenwidrigkeit (§ 879 ABGB).
Zum Ausschluss der Gewährleistung nach AGGB kommt es auch im Bereich von Privatverkäufen (kein Unternehmer als Vertragspartner). Doch auch hier gibt es Grenzen. Privatverkäufer können zwar für kleine Mängel einen Gewährleistungsausschluss mit dem Käufer vereinbaren, aber bei massiven Mängeln (unbrauchbare Sache) oder Rechtsmängeln (fehlende Bauberechtigung trotz Zusage) ist ein Ausschluss der Gewährleistung nicht möglich.
Besonderheiten der Gewährleistung nach ABGB - Rückgriff in der Vertragskette
Grundsätzlich kann ein Unternehmer, der einem Käufer Gewähr geleistet hat, von seinem Vormann bzw. dem Hersteller auch nach Ablauf der Gewährleistungsfristen eine Gewährleistung nach ABGB § 933b verlangen. Hierbei handelt es sich um einen Rückgriff, wobei der Anspruch mit der Höhe des eigenen Aufwandes beschränkt ist.
Darüber muss der Verkäufer ihn innerhalb von zwei Monaten ab Erfüllung der eigenen Gewährleistungsansprüche geltend machen. Die Haftung des Rückgriffpflichtigen endet spätestens 5 Jahre nach Erbringung seiner eigenen Leistung.