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Arzthaftung bei Behandlungsfehlern - Welche Schadenersatz­ansprüche habe ich?

Hammer und stethoskop bei Arzthaftungsfehler

Die Arzthaftung ist die zivilrechtliche Verantwortlichkeit eines Arztes gegenüber seinem Patienten bei der Verletzung seiner ärztlichen Sorgfaltspflichten.

Dabei ist der Behandlungsvertrag die Basis für das Verhältnis zwischen einem Arzt und seinem Patienten. Für den Fall, dass der Arzt die daraus entstehenden Pflichten verletzt, stellt sich die Frage nach der Arzthaftung.

Die Arzthaftung Österreich unterscheidet dabei zwei klassische Fehlertypen, nämlich den Arzthaftung Behandlungsfehler(Kunstfehler) und den Arzthaftung Aufklärungsfehler. In diesem Beitrag möchten wir wichtige Fragen zur Arzthaftung klären. 

Diese sind z.B.: Was ist der Behandlungsvertrag? Was sind Aufklärungs- und Arzthaftung Behandlungsfehler? Wie unterscheidet sich die Arzthaftung des Krankenhauses und des behandelnden Arztes? Was ist die Arzthaftung Beweislastumkehr? Schadenersatz und Schmerzensgeld – was ist der Unterscheid? In welchen Fällen kann ich Schadenersatz­ansprüche aus der Arzthaftung geltend machen?

Das Wichtigste in Kürze:

Inhaltsverzeichnis

Der Behandlungsvertrag – Grundlage für die Arzthaftung

Der Behandlungsvertrag ist die Grundlage für eine Behandlung oder Operation. Dabei sind die Vertragspartner einerseits der Patient und andererseits entweder der Arzt oder der Krankenhausträger. Dieser Vertrag kann formfrei zustande kommen und eine Schriftform ist dabei nicht zwingend. 

Hierbei verpflichtet sich der Arzt im Behandlungsvertrag zu einer  fachgerechten, dem objektiven Standard seines Faches entsprechenden Behandlung. Jedoch schuldet er dabei keinen bestimmten Erfolg. Aus dem Behandlungsvertrag resultieren Haupt- und Nebenpflichten des Arztes. Dabei zählen zu den Hauptpflichten:

  • Eine gewissenhafte Betreuung des Patienten
  • Eine Erstellung einer Diagnose nach einer Anamnese
  • Die Durchführung einer Untersuchung
  • Eine Befunderhebung
  • Eine fachgerechte Auswertung
  • Umfangreiche Information und Aufklärung
  • Eine Überweisung an Fachärzte, falls geboten
  • Die Durchführung der Behandlung des Patienten

Zusätzlich existieren Nebenpflichten aus dem Behandlungsvertrag, die sich wie folgt darstellen:

  • Eine Organisationspflicht
  • Eine Dokumentationspflicht sowie die Gewährung von Einsicht in die Dokumentation
  • Eine Informationspflicht
  • Die Verschwiegenheitspflicht
  • Eine Anzeigepflicht
  • Eine Meldepflicht

Weiterhin bestehen gegenseitige Schutzpflichten und Sorgfaltspflichten, die jedoch nicht näher spezifiziert sind.

Aufklärung und Einwilligung des Patienten

Mit einem Behandlungsvertrag wird infolge typischerweise in die körperliche Unversehrtheit des Patienten eingegriffen.

Deshalb sind hier auch besondere Aufklärungspflichten vorgesehen. Dabei muss ein Patient vor einer Behandlung oder Operation ausreichend und rechtzeitig über die wesentlichen Umstände, Risiken und Folgen der Operation oder Behandlung aufgeklärt werden. Außerdem muss der behandelnde Arzt auch über die Folgen einer  Nichtdurchführung sowie über die Alternativen aufklären.

Der Patient wiederum muss in die Behandlung oder Operation einwilligen. Dabei muss er in der Lage sein, die Tragweite seiner Einwilligung zu verstehen.

Rechtzeitigkeit der Aufklärung

Eine ärztliche Aufklärung hat grundsätzlich immer so rechtzeitig zu erfolgen, dass einem Patienten noch eine angemessene Überlegungsfrist zur Verfügung steht. Jedoch ist im Falle einer sehr dringenden Behandlung zwischen einem Selbstbestimmungsrecht des Patienten und der ärztlichen Hilfeleistungspflicht abzuwägen. 

Deshalb hängt die Dauer der Überlegungsfrist auch von den Umständen des individuellen Falles, besonders jedoch von der Dringlichkeit der ärztlichen Behandlung ab.

Umfang der Aufklärung

Ein Arzt ist nicht verpflichtet, alle theoretisch in Betracht kommenden Behandlungsmöglichkeiten oder Operationsmöglichkeiten mit dem Patienten erörtern. Jedoch muss die Aufklärung verschiedene Kriterien erfüllen:

  • Der Arzt muss den Patienten über mehrere zur Wahl stehende Verfahren (diagnostisch oder therapeutisch) informieren, die in Frage kommen.
  • Der Arzt muss die Vor- und Nachteile der Verfahren mit dem Patienten abwägen, wenn eine echte Wahlmöglichkeit besteht. Dabei muss er über unterschiedliche Risiken, Folgen, Erfolgsaussichten und eine zu erwartende Schmerzbelastung aufklären.
  • Außerdem sind alternative Operationsmethoden anzusprechen, wenn dabei ein kosmetisch besseres Ergebnis für den Patienten erreichbar ist, das Relevanz für ihn hat.

Ist eine Spezialbehandlung notwendig, die in der gegebenen Klinik nicht durchführbar ist, so muss der Arzt eine Weiterverweisung des Patienten vorschlagen.

Wirksame Einwilligung des Patienten

Eine wirksame Einwilligung kann ein Patient nur dann wirksam abgeben, wenn er über die Bedeutung des geplanten ärztlichen Eingriffes und seine eventuellen Folgen hinreichend aufgeklärt wurde. Dabei muss die ärztliche Aufklärung ausreichend sein um den Patienten in die Lage zu versetzen, die Tragweite seiner Erklärung zu überschauen.

Aufklärungs- und Behandlungsfehler im Rahmen der Arzthaftung

Was ist ein Aufklärungsfehler?

Wenn ein ärztlicher Eingriff den Zustand des Patienten verschlechtert, stellt er eine Körperverletzung im Sinne des §1325 ABGB dar. Dabei hat der Arzt auch die Folgen eines  Kunstfehlers zu vertreten, wenn er keine Zustimmung des Patienten dazu eingeholt hat. Generell ist jeder ärztliche Eingriff in die körperliche Unversehrtheit eines Patienten rechtswidrig, wenn nichteine wirksame Einwilligung des Patienten gegeben ist. 

Fehlt das Aufklärungsgespräch,  tritt eine umfassende Haftung für die negativen Behandlungsfolgen ein. Dabei ist es auch nicht relevant, ob eine Aufklärung über ein besonders seltenes Risiko, das eingetreten ist, überhaupt erforderlich gewesen wäre.

Was ist ein Behandlungsfehler?

Als  Behandlungsfehler bezeichnet man eine schuldhafte Verletzung des Behandlungsvertrages. Dabei wird ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab an den Arzt angelegt. Ein Arzt wird nach §1299 ABGB als Sachverständiger beurteilt und deshalb am Leistungsstandard seiner Berufsgruppe gemessen. Besonders häufige Behandlungsfehler Beispiele sind:

  • Infektionsschäden durch eine Ansteckung oder Entzündung aufgrund mangelnder Hygiene bei der Behandlung. Außerdem eine unzureichende Abschirmung von Patienten mit Ansteckungsrisiko.
  • Unfallschäden in Verbindung mit medizinischen Geräten
  • Falsch verschriebene oder verabreichte Medikamente (Dosierung oder Wechselwirkung)
  • Fehlerhafte oder minderwertige Medizinprodukte (Implantate, Knochenschrauben, Knochennägel, Spritzen, Nadeln, Verband, Desinfektionsmittel)
  • Fehler in der Organisation (zu hoher Zeitverlust; unzureichende Arzneimittel; Personalmangel; unzureichende Ausstattung)

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Arzthaftung des Krankenhausträgers und des Arztes

Bei einer Behandlung im Krankenhaus wird zwischen dem Patienten und dem Krankenhaus ein Behandlungsvertrag (Krankenhausaufnahmevertrag) geschlossen. Dabei muss ein solcher Vertrag nicht schriftlich abgeschlossen werden, sondern kann auch mündlich oder konkludent (also etwa durch bestimmte Handlungen) entstehen.

Mit dem Behandlungsvertrag ist das Krankenhaus zu einer sachgemäßen Behandlung durch das eigene medizinische und nichtmedizinische Personal verpflichtet. Hierbei hat es dafür zu sorgen, dass der Patient fachgerecht behandelt und aufgeklärt wird und dass insgesamt auch ausreichend Personal zur Verfügung steht.

Dabei besteht zwischen dem Patienten und den Ärzten und Krankenschwestern des Krankenhauses kein eigener Behandlungsvertrag. Sie sind als vertragliche Erfüllungsgehilfen anzusehen. Wenn Ärzte oder Krankenschwestern (aber auch nichtmedizinischem Personal) durch ein Fehlverhalten Schäden an einem Patienten verursachen, kann der betroffene Patient im Rahmen der Arzthaftung Österreich das Krankenhaus verklagen auf Schadenersatz. 

Weitreichende Pflichten des Krankenhauses durch den Behandlungsvertrag

Auch wenn ein Behandlungsvertrag vornehmlich auf eine Heilbehandlung abzielt, umfasst er außerdem eine Pflicht zur Pflege des Patienten, seine angemessene Unterbringung und eine Wahrung seiner körperlichen Sicherheit. Dabei hat das Krankenhaus sicherzustellen, dass ein Patient weder durch betriebliche und technische Einrichtungen, andere Patienten oder Besucher geschädigt wird.

Die zusätzliche deliktische Arzthaftung

Außer der vertraglichen Haftung des Krankenhauses durch den Behandlungsvertrag kann auch eine zusätzliche deliktische Arzthaftung des behandelnden Arztes in Frage kommen. Dabei kann ein Patient jeden Arzt oder jede Krankenschwester für ein vorsätzliches oder  fahrlässiges Fehlverhalten  direkt auf Arzthaftung Schadenersatz verklagen.

Hierbei besteht der große Unterscheid zur vertraglichen Haftung des Krankenhauses jedoch in dem Umstand, dass die Arzthaftung Beweislastumkehr hier nicht greift. Dabei muss ein Patient also beweisen, dass dem Arzt ein schuldhaftes Fehlverhalten zur Last gelegt werden kann. Im Gegensatz dazu muss bei der vertraglichen Haftung das Krankenhaus beweisen, dass kein Arzthaftung Behandlungsfehler vorgelegen hat.

Deshalb ist in den meisten Fällen die Geltendmachung von Schadenersatz­ansprüchen gegenüber dem Krankenhaus wesentlich einfacher als gegenüber dem behandelnden Arzt. 

Problem der Beweislast in der Arzthaftung

Das Thema der Beweislast ist zentral wichtig im Bereich der Arzthaftung. Jedoch ist der behandelnde Arzt  näher am Beweis ist und deshalb ist das Risiko der Unaufklärbarkeit hoch. 

Deshalb hat die Rechtsprechung abweichende Regeln für die Beweislast in der Arzthaftung entwickelt. Dementsprechend hat der Geschädigte den Schaden, das Vorliegen eines Behandlungsfehlers und die Ursächlichkeit oder die Mitursächlichkeit des behandelnden Arztes zu beweisen. Dabei reicht es für einen Beweis des Kausalzusammenhangs aus, wenn ein sehr hoher Grad von Wahrscheinlichkeit gegeben ist.  

Ist ein Arzthaftung Behandlungsfehler festgestellt und ist es klar, dass der Behandlungsfehler nicht nur unwesentlich zum Schaden beigetragen hat, ist wieder der Arzt in der Beweispflicht. Hierbei muss er dann darlegen, dass seine Sorgfaltsverletzung mit größter Wahrscheinlichkeit nicht kausal für den Patientenschaden war.

Bei einer Verletzung der Aufklärungspflicht muss der Arzt oder das Krankenhaus beweisen, dass auch bei ausreichender Aufklärung der Patient eine Zustimmung zu der ärztlichen Behandlung gegeben hätte. Dabei muss dann das Krankenhaus oder der Arzt beweisen, dass eine eventuelle Rechtswidrigkeit eines Eingriffs auszuschließen ist.

Bei einer Kunstfehler Klage ist es immer ratsam, einen erfahrenen Rechtsanwalt für Arzthaftungsrecht zu konsultieren, da diese Fälle sehr kompliziert werden können. Erfahrene Spezialisten finden Sie schnell und einfach in ihrer Nähe unter anwaltfinden.at

Arzthaftung - Welche Ansprüche habe ich bei Behandlungsfehlern?

Erhebt ein Patient eine Kunstfehler Klage gegen einen Arzt wegen „Ärztepfusch“ oder will er ein Krankenhaus verklagen sind im Arzthaftungsprozess mehrere Ansprüche denkbar:

  • Übernahme der Heilungskosten und Pflegekosten
  • Entschädigung für einen Verdienstentgang
  • Schmerzensgeld (für körperliche Schmerzen oder seelische Schmerzen, für einen Schockschaden oder auch ein Trauerschmerzensgeld)
  • Ersatzleistung für körperliche Verunstaltungen
  • Übernahme des Unterhalts von Angehörigen
  • Feststellungklage für eine Haftung auch für künftige und noch nicht vorhersehbare Schäden

Die Arzthaftung Verjährung

Will man aus der Arzthaftung  Schadenersatz­ansprüche geltend machen, so muss man dies innerhalb von 3 Jahren ab der Kenntnis des Schadens und des Schädigers tun (§ 1489 ABGB). Wenn der Schaden oder der Schädiger nicht bekannt sind, tritt eine Arzthaftung Verjährung nach 30 Jahren ein.

Schadenersatz und Schmerzensgeld – was ist der Unterschied?

Generell bezeichnet der Begriff Schadensersatz den Anspruch darauf, wegen der Verletzung eines Rechts einen Ersatz des daraus entstehenden Schadens zu verlangen. Im Grundsatz kann Schadensersatz nur in den Fällen verlangt werden, in denen ein Vermögensschaden entstanden ist. Dies gilt auch beim Arzthaftung Behandlungsfehler. Hier werden Kosten erstattet (Heil- und Pflegekosten) oder andere Vermögensschäden, wie z.B. Verdienstentgang, Unterhalt für Angehörige etc.) ersetzt.

Ein Schadensersatz, der in gesetzlich besonders geregelten Fällen für immaterielle Schäden verlangt werden kann, heißt Schmerzensgeld. Dabei geht dabei besonders um die Fälle, in denen wegen Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung eine billige Entschädigung in Geld verlangt werden kann. Dies gilt auch, wenn kein Vermögensschaden aufgetreten ist.

Schmerzensgeld - Wann steht mir Schmerzensgeld zu?

Grundsätzlich spricht der Gesetzgeber jedem eine „billige Entschädigung in Geld“ zu, der an Körper, Gesundheit oder sexueller Selbstbestimmung verletzt wurde. Dabei ist dies immer gegeben, wenn man dauerhafte Schmerzen medizinisch objektiv nachweisen kann und diese durch Einwirkung eines anderen entstanden sind. 

Gerichte entscheiden über die Schmerzensgeld Höhe nach:

  • der Art der Primärverletzung
  • Der Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen
  • Nach der Notwendigkeit von Operationen
  • Nach der Schwere der Operationen
  • Nach der Dauer der stationären Heilbehandlung
  • Nach der Dauer der ambulanten Heilbehandlung
  • Nach dem Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit
  • Nach der Höhe des Dauerschadens
  • Nach dem Alter des Verletzten
  • Nach der voraussichtlicher Leidenszeit
  • Nach der Wahrnehmungsmöglichkeit der Schmerzen
  • Nach den psychischen Langzeitfolgen

Dabei bilden den Orientierungsrahmen für Ansprüche und deren Schmerzensgeld Höhe immer Urteile für vergleichbare Fälle. Eine Schmerzensgeldtabelle gibt weitere Orientierung. Jedoch bleiben die Umstände des Einzelfalles sowie die wirtschaftliche Entwicklung meistens entscheidend.

Bei einer Klage auf Schmerzensgeld ist es immer ratsam, einen erfahrenen Rechtsanwalt für Arzthaftungsrecht in Anspruch zu nehmen, da diese Fälle sehr komplex werden können. 

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