Anonymverfügung in Österreich – Infos, Voraussetzungen & Konsequenzen
- Redaktion Anwaltfinden.at
Eine Anonymverfügung wird aufgrund einer Verwaltungsübertretung ausgestellt. Sie gilt neben der Strafverfügung und der Organstrafverfügung als verkürztes Verwaltungsstrafverfahren, mit dessen Hilfe ohne anhängiges Verfahren oder ohne Ermittlungen eine Geldstrafe bis zu einer bestimmten Höhe verhängt werden kann. Der folgende Artikel widmet sich allen wichtigen Aspekten einer Anonymverfügung und erklärt, was Sie unbedingt beachten sollten und ob Sie die Möglichkeit haben gegen die Anonymverfügung Einspruch einzulegen.
- Anonymverfügungen werden meist bei mittelschweren Verkehrsdelikten (Falschparken, Geschwindigkeitsüberschreitung) mit einer Geldstrafe bis zu 365 € ausgestellt.
- Wird die Geldstrafe der Anonymverfügung nicht gezahlt, wird ein ordentliches Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet und eine Lenkererhebung durchgeführt.
- Neben der Strafverfügung und der Organstrafverfügung ist auch die Anonymverfügung ein verkürztes Verwaltungsstrafverfahren.
- Die Anonymverfügung richtet sich gegen einen unbekannten Täter, d.h. bei einem Verkehrsdelikt wird die Verfügung an den Zulassungsbesitzer gesendet.
Inhaltsverzeichnis
Was ist eine Anonymverfügung?
Ebenso wie das Organmandat oder die Strafverfügung ist die Anonymverfügung ein verkürztes Verwaltungsstrafverfahren im Verwaltungsstrafrecht. Die Anonymverfügung wird meist bei mittelschweren Vergehen angewendet; die Strafverfügung findet bei schweren und das Organmandat bei geringfügigen Vergehen Anwendung.
Die Anonymverfügung ist eine Verwaltungsstrafe, die eine Geldstrafe bis zu einer Höhe von 365 € enthält. Bei der Anonymverfügung muss der Täter nicht von den Behörden ausgeforscht werden, daher wird die Bezeichnung Anonymverfügung benutzt. Der Täter bleibt anonym. Demnach wird die Anonymverfügung einer Person zugestellt, von der die entsprechende Verwaltungsbehörde mit gutem Grund annehmen kann, dass sie das Verwaltungsdelikt beging oder die verantwortliche Person kennt oder feststellen kann.
Anonymverfügung bei Geschwindigkeitsübertretung in Österreich
Insbesondere bei Verwaltungsübertretungen im Straßenverkehr und vor allem bei Geschwindigkeitsübertretung kommt eine Anonymverfügung in Österreich zum Einsatz. Verletzungen gegen die Straßenverkehrsordnung sind das Hauptanwendungsgebiet der Anonymverfügung. Tatbestand sind meist Geschwindigkeitsübertretungen, bei denen die Behörde, Bezirksverwaltungsbehörde bzw. Landespolizeidirektion (Bezirkshauptmannschaft oder Magistrat) den Täter nicht ermittelt und vermutet, dass der Zulassungsbesitzer, den tatsächlichen Täter kennt oder ermitteln kann. Selbstverständlich kann auch der Zulassungsbesitzer der eigentliche Täter gewesen sein. Der Begriff Anonymverfügung sagt nicht nur aus, dass der Täter anonym ist, sondern die Zahlung der Geldstrafe auch anonym erfolgen kann. Demnach kann der Zulassungsbesitzer die Strafe für den Täter zahlen.
Hinweis!
Bei geringfügigen und mittelschweren Verkehrsdelikten (Falschparken, Geschwindigkeitsüberschreitungen) wird der Lenker des Fahrzeugs nicht ermittelt. Die Anonymverfügung wird an den Zulassungsbesitzer gesendet.
Warum Lenkererhebung und nicht Anonymverfügung?
Es besteht kein Anspruch auf eine Anonymverfügung, sodass je nach Art und Schwere der Tat das Verfahren mit einer Organstrafverfügung, Anonymverfügung Lenkererhebung oder Strafverfügung beginnt. Lenkererhebungen erfolgen meist bei Verletzungen der Straßenverkehrsordnung. Warum erfolgt eine Lenkererhebung und nicht eine Anonymverfügung? Sie wird immer dann durchgeführt, wenn das Verkehrsdelikt für eine Anonymverfügung zu schwerwiegend ist oder weil die Geldstrafe der Anonymverfügung nicht gezahlt wurde. Eine Lenkererhebung ermöglicht es den Behörden, von einem Zulassungsbesitzer Auskunft über den Fahrer zu erhalten. Sie können verlangen, dass der Zulassungsbesitzer sagt, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt das Fahrzeug gefahren ist.
Wann wird eine Anonymverfügung ausgestellt? – Voraussetzungen
Weder der Identität des Täters noch eine Begründung bedarf es in der Anonymverfügung. Der Täter kann anonym sein, aber die Geldstrafe ergeht an den Zulassungsbesitzer.
Eine Anonymverfügung darf nur ausgestellt werden, wenn die Übertretung wie folgt festgestellt wurde:
- dienstlich durch ein Organ der öffentlichen Aufsicht oder
- durch eine automatische Überwachung (Radarkontrolle, Section Control)
Weiters ist eine Anonymverfügung nur möglich, wenn die Geldstrafe der Verwaltungsübertretung die Höhe von 365 Euro nicht überschreitet. Ferner darf keine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt werden, wenn die Geldstrafe nicht gezahlt wird.
Hinweis!
Anonymverfügungen dürfen bei amtlichen Auskünften (z.B. polizeiliches Führungszeugnis) nicht erwähnt werden. Keine Eintragung im Verwaltungsstrafregister.
Inhalte der Anonymverfügung
Eine Anonymverfügung muss folgende inhaltliche Angaben beinhalten:
- Die Behörde, welche die Verfügung ausgestellt hat
- Das Datum, an welchem die Verfügung ausgestellt wurde
- Die erwiesene Tat sowie den Ort, die Zeit und den Tatbestand
- Die verletzte Verwaltungsvorschrift
- Die zu erwartende und verhängte Strafe inklusive aller gesetzlicher Bedingungen
- Eine Belehrung über mögliche Rechtsfolgen
- Zahlschein mit einer maschinenlesbaren Identifikationsnummer für die Einzahlung oder Überweisung der Geldstrafe
Wer stellt eine Anonymverfügung aus und wie erhält man sie?
Die Zusendung der Anonymverfügung erfolgt ohne Zustellnachweis. Die Anonymverfügung wird bei Verkehrsdelikten immer an den Zulassungsbesitzer des Fahrzeugs gesendet. Es gilt die Adresse, auf welche das Fahrzeug gemeldet ist. Dies gilt auch für Firmenwagen oder Mietwagen.
Wer stellt eine Anonymverfügung aus? Zuständig für das Ausstellen der Anonymverfügung sind die entsprechenden Behörden, die Landespolizeidirektion bzw. Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft oder Magistrat). Grundsätzlich muss bei der Anonymverfügung die Verwaltungsübertretung dienstlich und durch ein Organ der öffentlichen Aufsicht oder durch eine automatische Überwachung einer Behörde festgestellt werden.
Höhe der Anonymverfügung – Wie hoch ist die Geldstrafe?
Die Geldstrafe der Anonymverfügung ist für ein und dasselbe Verkehrsdelikt immer gleich und hängt auch nicht davon ab, wie oft das Delikt begangen wurde. Bei einer Anonymverfügung kann die Höhe der Geldstrafe bis zu 365 Euro betragen. Die Geldstrafe ist einheitlich durch eine Verordnung festgelegt und niedriger als im Verwaltungsstrafverfahren, da ein geringer Aufwand besteht.
Kann man Einspruch gegen eine Anonymverfügung einlegen?
Gegen eine Anonymverfügung kann man keinen Einspruch einlegen, jedoch kann man die Zahlung verweigern. Allerdings kommt es daraufhin zu einer Anzeige und ein Einspruch ist dann möglich. In Österreich haftet für Geschwindigkeitsübertretung bei der Anonymverfügung der Fahrzeughalter oder Zulassungsbesitzer und nicht der Fahrer. Weder gegen eine Anonymverfügung noch gegen eine Organstrafverfügung kann in Österreich Einspruch eingelegt werden. Dies ist nur bei der Strafverfügung möglich. Sollten Sie jedoch fälschlicherweise einer Ordnungswidrigkeit verdächtigt werden, können Sie sich wehren, indem sie die Zahlung verweigern. Daraufhin wird ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet, innerhalb dessen ein Einspruch möglich ist. Bei Verkehrsverstößen gilt bei der Anonymverfügung eine Verjährungsfrist von einem Jahr.
Wann muss man die Geldstrafe der Anonymverfügung zahlen?
Die Geldstrafen der Anonymverfügungen müssen innerhalb von 4 Wochen ab Ausfertigung (nicht ab Zustellung) bezahlt werden. Das heißt, dass bis zu diesem Tag ein Geldeingang bei der zuständigen Behörde erfolgt sein muss. Die gesetzliche Zahlungsfrist muss eingehalten werden. Wird der Betrag beglichen, unternimmt die Behörde keine weiteren Maßnahmen und das Verfahren gilt als abgeschlossen. In diesem Fall wird keine Lenkererhebung erfolgen und keine Notiz im Strafregister vorgenommen.
Kann ich die Geldstrafe der Anonymverfügung noch am letzten Tag der Frist zahlen? Im Grunde genommen geht das, aber der Betrag muss rechtzeitig auf dem Konto gutgeschrieben werden. Hierbei handelt es sich um den Tag, der auf dem Zahlungsschein in der Anonymverfügung als Zahlungsfrist angegeben ist. Trifft die Buchung verspätet ein, wird der Geldbetrag zurückerstattet oder auf eine in Folge verhängte Geldstrafe angerechnet. Bei einer verspäteten Zahlung tritt die Anonymverfügung außer Kraft und eine Fristverlängerung ist nicht möglich, da es sich um eine gesetzliche Zahlungsfrist handelt.
Was passiert, wenn man eine Anonymverfügung nicht zahlt?
Wird die Geldstrafe der Anonymverfügung nicht gezahlt, tritt die Verfügung nach 4 Wochen außer Kraft. Anschließend wird der Fahrer des Fahrzeugs durch eine Lenkererhebung ermittelt und ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. In diesem Fall hat der Zulassungsbesitzer zwei Wochen Zeit, den Lenker zu benennen. Gegen den Lenker kann eine Strafverfügung erlassen werden oder ein ordentliches Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet werden. Kommt es zu einem solchen Verfahren ist mit einer höheren Strafe als die in der Anonymverfügung zu rechnen.
Was passiert, wenn man einen Strafzettel aus Österreich nicht bezahlt?
Was passiert, wenn man in Deutschland lebt und eine Anonymverfügung aus Österreich nicht zahlt? In Österreich gilt Halterhaftung und in Deutschland Fahrerhaftung, d.h. dass in Österreich der Halter für eine begangene Ordnungswidrigkeit haften muss. Doch aufgrund des Amts- und Rechtshilfevertrags zwischen Österreich und Deutschland kann die Geldstrafe ab einer Bagatelle von 25 Euro im anderen Land vollstreckt werden.
In Deutschland gilt das Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht, wohingegen dieses nicht in Österreich gilt. Sollten Sie als deutscher Halter nicht der Fahrer gewesen sein, müssen Sie dies vor Ort in Österreich oder später vor dem Bundesministerium für Justiz vorbringen. Demzufolge ist die Vollstreckung von Geldstrafen, bei denen der Halter den Fahrer nicht benennt, nicht möglich. Allerdings wird dies im Einzelfall von einem Gericht entschieden.
Wie kann man die Anonymverfügung zahlen?
Die Zahlung der Geldstrafe kann bei der Post bar auf das angegebene Konto oder per Überweisung erfolgen. Die Begleichung der Strafe ist unter Angabe des Adressaten der Anonymverfügung, des Kennzeichens bzw. der Identifikationsnummer und des KFZ-Kennzeichens möglich. Wichtig ist dabei, dass die Originalzahlungsanweisung verwendet wird. Der Beleg enthält die notwendige Identifikationsnummer, die für die Zuordnung der Überweisung wichtig ist. Wird der Betrag rechtzeitig bezahlt und geht noch vor Ablauf der Frist auf das Konto der Behörde ein, darf der Täter nicht ausgeforscht werden. Das Verfahren gilt als abgeschlossen.
Die Strafe kann nicht herabgesetzt oder in Raten beglichen werden. Gründe für eine Herabsetzung der Strafe können nur im Verwaltungsstrafverfahren vorgebracht werden, allerdings ist dies bereits um einiges teurer als die Geldstrafe der Anonymverfügung.
Ist es sinnvoll die Geldstrafe der Anonymverfügung zu zahlen?
Grundsätzlich ist es empfehlenswert die Geldstrafe der Anonymverfügung zu zahlen, da sie vergleichsweise gering ist. Bei Einleitung eines ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren muss der Täter mit weitaus höheren Kosten und einer höheren Strafe rechnen. Sollte der Vorwurf stimmen, empfiehlt es sich die Zahlung zu tätigen. Dies spart Zeit und Geld. Andernfalls können Sie die Zahlungsfrist verfallen lassen und warten, dass das Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wird. Sollten jedoch nicht ausreichend Beweise oder Argumente vorliegen, um gegen die Geldstrafe vorzugehen, muss man mit hohen Zusatzkosten rechnen.
Das Zahlen der Geldstrafe hat einige Vorteile:
- niedrigere Strafe als bei Einleitung eines ordentlichen Verwaltungsstrafverfahrens
- kein Verwaltungsstrafverfahren
- der Täter bleibt gegenüber den Behörden anonym
- keine Eintragung im Strafregister
Was kann ich unternehmen, wenn ich nicht der Lenker war?
Sollten Sie nicht der Lenker des Fahrzeugs gewesen sein, können Sie dem tatsächlichen Täter die Anonymverfügung überreichen und ihn zur Zahlung auffordern. Sie können die Geldstrafe auch selbst zahlen und die Angelegenheit im Anschluss mit dem Lenker klären. Es sollte unbedingt vermieden werden, den Betrag nicht zu zahlen, denn dies leitet ein kostspieliges Verfahren ein. Andernfalls können Sie sich auch im Rahmen des Verfahrens gegen die Vorwürfe wehren und Beweise vorbringen, dass Sie nicht der Fahrer waren. Bevor Sie diesen Schritt wählen, empfehlen wir Ihnen die Konsultation eines Rechtsanwalts für Verwaltungsstrafrecht.
Welche weiteren verkürzten Verwaltungsstrafverfahren gibt es?
In Österreich unterscheidet man zwischen Organstrafverfügung, Anonymverfügung und Strafverfügung. Sowohl die Organstrafverfügung bzw. das Organmandat als auch die Anonymverfügung sind vereinfachte und verkürzte Verwaltungsstrafverfahren. Ermächtigte Organe (Polizei, Magistrat) können an Ort und Stelle eine Geldstrafe erheben, d.h. der Täter kann zum einen direkt zur Kasse gebeten werden oder zum anderen durch einen Beleg am Fahrzeug oder durch ein Schreiben per Post zu einem späteren Zeitpunkt dazu aufgefordert werden. Es liegt im Grunde im Ermessen des jeweiligen Organs, ob ein Organmandat oder eine Anonymverfügung anstelle einer Strafverfügung verhängt wird. Allerding ist die Höhe der zu zahlenden Strafe auf maximal 365 Euro begrenzt.
Die Organstrafverfügung
Eine Anonymverfügung wird an einen unbekannten Täter gestellt und kann für bestimmte Vergehen verhängt werden. Dabei ist keine Begründung notwendig. Eine Organstrafverfügung darf nur durch eine ermächtigte Behörde und ermächtigte Organe der öffentlichen Aufsicht verhängt werden. Mit ihr können lediglich Geldstrafen bis zu maximal 90 Euro eingefordert werden. Der Unterschied zwischen der Strafverfügung und der Anonymverfügung besteht darin, dass die Organstrafverfügung nicht von der Strafbehörde verhängt wird, sondern von einem Organ der öffentlichen Aufsicht (z.B. Polizei).
Somit können Polizisten bei Verwaltungsübertretungen (Handy am Steuer, Falschparken) an Ort und Stelle Geldstrafen bis zu 90 Euro erheben. Allerdings sind auch höhere Strafbeträge möglich.Das Organmandat wird gegenstandslos, wenn die Zahlung nicht erfolgt oder die Entgegennahme des Belegs verweigert wird. Ausführliche Informationen über eine Organstrafverfügung erhalten Sie in unserem Leitartikel.
Die Strafverfügung
Eine Behörde kann durch eine Strafverfügung eine Geldstrafe in Höhe von bis zu 600 Euro verhängen. Die Strafverfügung richtet sich immer an eine natürliche Person. Die Behörde kann eine Strafverfügung nur dann verhängen, wenn:
- von einem Gericht, einer Verwaltungsbehörde oder einem Organ der öffentlichen Aufsicht (z.B. Polizei) eine Verwaltungsübertretung angezeigt wurde.
- ein strafbares Verhalten aufgrund einer Verkehrsüberwachung (Radarkontrolle, Section Control) festgestellt wurde.