Ersatzfreiheitsstrafe in Österreich – Was ist das genau
- Redaktion Anwaltfinden.at
Allein in Wien wurden vergangenes Jahr rund 3.287 Einzelhaftstrafen verhängt. Was ist eine Ersatzfreiheitsstrafe? Wer eine Straftat begangen hat, muss mit zwei verschiedenen Strafformen rechnen: Der Geldstrafe und der Freiheitsstrafe.
Eine Geldstrafe wird meist bei geringfügigen Vergehen verhängt. Durch Ableistung der Geldstrafe muss der Schuldige meist nicht ins Gefängnis. Was passiert, wenn man eine Strafe nicht zahlen kann?
Zahlt der Schuldige die Geldstrafe nicht, können die Behörden gemäß Strafgesetzbuch (StGB) eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängen. Wie kann ich eine Ersatzfreiheitsstrafe abwenden?
Wie lange muss die Ersatzfreiheitsstrafe abgeleistet werden und wie viel Geld ist ein Tagessatz? Ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bei einer Verwaltungsstrafe in Österreich möglich?
Inhaltsverzeichnis
- Wer eine Geldstrafe nicht zahlen kann oder möchte, erhält eine Ersatzfreiheitsstrafe.
- Grundsätzlich besteht kein Wahlrecht zwischen Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe, d.h. wer die Geldstrafe zahlen kann, muss dies auch tun.
- Kann die Geldstrafe nicht gezahlt werden, wird der Schuldige zunächst gepfändet (Lohnpfändung); erst bei einer nicht vollstreckbaren Geldstrafe folgt die Ersatzfreiheitsstrafe.
- Für eine Verwaltungsstrafe kann eine Ersatzfreiheitsstrafe in Österreich angeordnet werden, wenn die Geldstrafe nicht gezahlt werden kann.
- Die Zahlung der Geldstrafe, wendet die Ersatzfreiheitsstrafe ab. Das Zahlen der Reststrafe bei bereits angetretener Haftstrafe hebt sie auf.
Was ist eine Ersatzfreiheitsstrafe?
Rund 80% aller Strafen sind Geldstrafen. Will der Verurteilte die Geldstrafe nicht zahlen oder kann er nicht dafür aufkommen, kann die Behörde eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängen.
Die Ersatzfreiheitsstrafe ist keine Haftstrafe, da der Schuldige nicht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde, sondern nur zu einer Geldstrafe. Dadurch muss der Schuldige eine Strafe im Haftvollzug ableisten. Wurde die Ersatzfreiheitsstrafe abgeleistet, muss die Geldstrafe nicht mehr bezahlt werden.
Bei jeder Geldstrafe muss im Urteil eine Ersatzfreiheitsstrafe genannt werden, falls der Verurteilte die Geldstrafe nicht zahlen kann. In Österreich entsprechen zwei Tagessätze Geldstrafe einem Tag Freiheitsstrafe.
Ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bei einer Verwaltungsstrafe in Österreich möglich? Die Ersatzfreiheitsstrafe kann auch wegen einer Verwaltungsübertretung angeordnet werden, wenn der Schuldige die Geldstrafe nicht zahlt.
Was passiert, wenn ich die Tagessätze nicht zahlen kann?
Zahlt der Betroffene die Geldstrafe bzw. die Tagessätze nicht binnen 14 Tagen, wird sie zunächst per Zwangsvollstreckung eingetrieben.
Die Eintreibung kann jedoch nur bis zur Grenze des notdürftigen Unterhalts erfolgen. Erst wenn die Eintreibung der Strafe erfolglos ist, muss der Verurteilte die Ersatzfreiheitsstrafe antreten.
Einerseits ist die Ersatzfreiheitsstrafe das Rückgrat der Geldstrafe und sorgt für deren Wirksamkeit, aber andererseits stellt sie auch den Schuldgrundsatz in Frage, da die Strafe nicht das Maß der Schuld überschreiten darf.
Hinzukommt, dass die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe in den letzten Jahren angestiegen ist, was die Justizhaushalte finanziell belastet.
Wie kann ich eine Ersatzfreiheitsstrafe abwenden?
Eine Ersatzfreiheitstrafe kann immer durch die Ableistung der Gelstrafe abgewendet werden. Die Strafe richtet sich dabei nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Schuldigen. Somit kann auch ein Empfänger von Arbeitslosengeld die Tagessätze ableisten.
Kann man eine Strafe in Raten zahlen? Sollten Sie die Geldstrafe nicht sofort zahlen können, müssen Sie nicht die Ersatzfreiheitsstrafe fürchten. In den meisten Fällen ist es auch möglich, die Geldstrafe in Raten abzubezahlen.
Die Kooperation und Einsicht sind hierbei die beste Handlungsweise, um mit der Staatsanwaltschaft eine Einigung zu finden. Gemäß Strafgesetzbuch können benachteiligte Betroffene die Ersatzfreiheitsstrafe durch eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Gericht umgehen.
Das Ableisten der Geldstrafe wendet die Ersatzfreiheitsstrafe ab.
Kann man die Ersatzfreiheitsstrafe auch nach bereits angetretenem Haftantritt abwenden? Ja, auch wenn die Haft bereits angetreten wurde, kann der Betroffene durch die Zahlung der Reststrafe die Ersatzfreiheitsstrafe aufheben. Die Geldstrafe wird dabei um jeweils zwei Tagessätze für jeden bereits in Haft verbrachten Tag verringert.
Unter besonderen Umständen ist es auch möglich, die Strafe durch gemeinnützige Arbeit abzuleisten. Hierfür bedarf es der Genehmigung der Staatsanwaltschaft.
Kann man eine Ersatzfreiheitsstrafe freiwillig wählen?
Kann man eine Geldstrafe absitzen? So manch einer fragt sich, ob er die Geldstrafe durch einen Gefängnisaufenthalt nicht zahlen muss.
Dies ist nicht möglich, denn sobald jemand in der Lage ist die Gelstrafe zu zahlen, muss er dies tun. Im schlimmsten Fall wird eine Lohnpfändung vorgenommen. Es ist jedoch nicht möglich zwischen einer Geldstrafe und einer Ersatzfreiheitsstrafe zu wählen.
Der Verurteile kann demnach nicht wählen! Wer zahlen kann, muss zahlen.
Grundsätzlich besteht kein Wahlrecht zwischen der Geldstrafe und der Ersatzfreiheitsstrafe. Das heißt, wer die Geldstrafe zahlen kann, muss dies in der Regel auch tun – gegebenenfalls per Lohnpfändung. Die Ersatzfreiheitsstrafe sollte demnach das letzte Mittel sein, um die Geldstrafe zu leisten.
Wann drohen Geldstrafen?
Kann eine Ersatzfreiheitsstrafe für eine Verwaltungsstrafe in Österreich verhängt werden? Geldstrafen können bereits für kleine Vergehen angeordnet werden. Wer über eine rote Ampel fährt oder die Geschwindigkeit überschreitet, falsch parkt oder zu laut feiert, muss mit einer Geldstrafe rechnen.
Was passiert, wenn man eine Strafe nicht zahlen kann? Wer die Strafe nicht zahlen kann, muss eine Ersatzfreiheitsstrafe absitzen. Auch das Fahren ohne Führerschein löst eine Geldstrafe aus.
Die genannten Beispiele führen meist eine Verwaltungsstrafe nach sich. Somit kann aufgrund einer Verwaltungsstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe in Österreich verhängt werden, wenn die Geldstrafe nicht gezahlt wird.
Warum ist eine Ersatzfreiheitsstrafe kritisch zu betrachten?
Nicht immer steht die Maßnahme im Verhältnis zur Strafe, denn wer wegen eines geringfügigen Vergehens die Geldstrafe nicht zahlen kann, muss eine Zeit in Haft verbringen.
Demgegenüber kann es passieren, dass ein ähnliches Vergehen mit einer gerichtlichen Strafe und der Ableistung von Sozialstunden beglichen werden kann.
Fährt jemand beispielsweise bei Rot über die Ampel, muss er mit einer Geldstrafe und gegebenenfalls mit einer Ersatzfreiheitstrafe rechnen. Fährt jemand bei Rot über die Ampel und verletzt einen Dritten dabei, muss er mit einer gerichtlichen Strafe rechnen und wahrscheinlich die Strafe durch Sozialstunden abgelten.
Hier zeigt sich, dass das zweite Bespiel durchaus schwerwiegender ist und mit der milderen Strafe geahndet wird.
Die Statistik zeigt, dass die Zahlen für die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe jährlich steigen, da die Betroffenen die Strafen nicht zahlen können.
Im letzten Jahr wurden 2.287 Ersatzfreiheitsstrafen vollzogen. Jeder Insasse verursacht dabei Kosten in Höhe von 127,39 Euro pro Tag und stellt somit eine finanzielle Belastung für den Staatshaushalt (Steuerlast) dar.
Wäre gemeinnützige Arbeit besser?
Es stellt sich die Frage, ob die Haft sinnvoll für geringfügige Vergehen ist. Falls Leute wegen kleinen Delikten und Geldstrafen eingesperrt werden, können sie ihrer Arbeit nicht nachgehen, laufen Gefahr fristlos gekündigt zu werden (siehe Arbeitsrecht) und können ihre Familie nicht versorgen. Darüber hinaus hat die Haft psychologische Folgen für die Betroffenen.
Gemeinnützige Arbeit ist demgegenüber sinnvoller, um unnötige Kosten sowie Desozialisierung zu vermeiden. Mai 2017 wurde beschlossen, dass gemeinnützige Arbeiten anstelle einer Haftstrafe verrichtet werden können. Allerdings wurde dieser Beschluss im Zuge des Regierungswechsels auf Eis gelegt.
Wie kann man die Ersatzfreiheitsstrafe berechnen?
Die Ersatzfreiheitsstrafe zu berechnen, ist dabei nicht unkompliziert. Die Dauer der Strafe kann nicht pauschal festgelegt werden, da sie sich nach dem Einzelfall richten. Die Anzahl der Tagessätze ist entscheidend, um die Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe zu berechnen.
Die Geldstrafe berechnet sich aus der Zahl der Tagessätze und der Höhe des Tagesatzes. Wie viel Geld ist ein Tagessatz? Der Tagessatz muss anhand des Nettoeinkommens des Schuldigen ermittelt werden.
Die Anzahl der Tagessätze ist abhängig von der Schwere der Tat; Letzteres legt das Gericht gemäß Strafgesetzbuch (StGB) fest. Die Anzahl beträgt mindestens 5 und maximal 360 Tagessätze.
Aufgrund der Tagessätze kann man die Ersatzfreiheitsstrafe berechnen, wobei gilt:
- Zwei Tagessätze entsprechen einem Tag Freiheitsstrafe.
Beispiel:
Herr Schmitt hat aufgrund von Körperverletzung eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen erhalten. Kann er die Summe nicht zahlen, muss er 45 Tage in den Vollzug (90 Tagessätze = 45 Tage), sofern die Ersatzfreiheitsstrafe angeordnet wird. Die Höhe der Tagessätze ist abhängig von Herrn Schmitts Nettoeinkommen.
Wie muss man die Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen?
Anders als bei einer Freiheitsstrafe ist bei der Ersatzfreiheitsstrafe kein Haftbefehl notwendig. Der Schuldige erhält eine Ladung zum Strafantritt per Post und muss sich innerhalb einer Frist bei der entsprechenden Haftanstalt vorstellen.
Andernfalls kann er auch gegen seinen Willen abgeholt werden, sofern der Schuldige sich nicht meldet oder sich der Vollstreckung zu entziehen versucht. In diesem Fall kann die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl wegen der Ersatzfreiheitsstrafe beantragen.
Die Haft wird im offenen Vollzug abgeleistet, wenn der Antrag der Staatsanwaltschaft stattgegeben wurde. Im offenen Vollzug sind die Insassen nur in der Nacht eingeschlossen und haben am Tag die Möglichkeit, unter Auflagen ihrem Beruf nachzukommen.