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Coronavirus Krise: Was für uns Anwälte jetzt auch noch wichtig ist zu bedenken!

Schild Wege aus der Krise

Schau auf Dich, bleib zu hause“, #flattenthecurve

Die aktuelle Situation ist surreal und beängstigend. Die Welt befindet sich Corona bedingt in einem Ausnahmezustand. Erstmals in seiner Geschichte beschloss der Nationalrat an einem Sonntag  –  dies zur Eindämmung des Coronavirus – ein Gesetzespaket, das sogenannte COVID19 ( Covid 19 Maßnahmengesetz).

In manchen von der Epidemie besonders betroffenen Regionen  Österreichs herrscht Ausgangssperre. Für das restliche Bundesgebiet Österreich gelten nun restriktive Ausgangsbeschränkungen. Der Ausgang ist  aktuell nur in folgenden Fällen zulässig

  • Für dringend notwendige Besorgungen ( Lebensmittel)
  • Zur Erfüllung einer Hilfeleistung
  • Wenn es beruflich absolut notwendig ist ( ansonsten sind Arbeiten im home office modus vorzunehmen)

Spaziergänge sind bis auf weiteres nur alleine oder mit jener Person erlaubt, mit welcher man im Haushalt lebt.

Alle nicht versorgungsnotwendige Geschäfte haben geschlossen zu halten. Versorgungsnotwendige Betriebe sind in etwa Lebensmittelgeschäfte, Apotheken, Banken, Tankstellen, Trafiken, Tierfutterhandel, medizinischer Bereich; alle andere haben eben auf Teleworking umzustellen.

Die Ermächtigung des Gesundheitsministers zur Schließung von Betriebsstätten findet sich in Artikel 8 des COVID 19 Maßnahmengesetz.

Das Gesetzt trat mit Montag  16.3. 2020  00.00 in Kraft.

Der Verstoß gegen dieses Betriebsstättenverbot ist für den Inhaber des Betriebs mit hohen Verwaltungsstrafen bedroht ( das Maßnahmengesetz sieht Geldstrafen in der Höhe von bis zu € 36.000,–vor).

Anders als es durch das Epidemiegesetz  ( dies eingeführt im Jahr 1950) rechtlich möglich gewesen wäre, haben per Verordnung durch den Gesundheitsminister auch Betriebe, Geschäfte geschlossen zu halten, von welchen keine konkrete Gefährdung ausgeht. Die Hintanhaltung von sozialen Kontakten ist dringend gefordert ist. Dies um die Infektionsrate zu entschleunigen und so einem drohenden Kollaps des Gesundheitssystem entgegen zu steuern.

Anders als das Epidemiegesetz sieht das COVID 19 Maßnahmengesetz zwar für die Betriebsschließung keine Vergütung für den durch eine behördliche Schließung verursachten Verdienstentgang vor, jedoch sollen diese durch das von der Regierung geschnürte Hilfspaket abgefedert werden.

1. Was bedeutet dies nun für Geschäftsmieten/ Pacht?

Kommt es nun epidemiebedingt zu einer behördlichen verordneten Schließung des Betriebs, so tritt nun ein derartiger außerordentlicher Fall ein, an den wohl der Gesetzgeber mit seiner Bestimmung des § 1104 ABGB gedacht hat. Dieser Bestimmung zufolge entfällt die Verpflichtung zur Bezahlung des Mietzinses oder des Pachtzinses wenn der Bestandgegenstand wegen eines außerordentliches Zufalls (das Gesetz nennt beispielsweise Feuer, Krieg, Seuche, Überschwemmung) gar nicht gebraucht oder genutzt werden kann.  

Es geht also um jene Fälle, welche außerhalb der menschlichen Kontrolle liegen. Katastrophenfälle also, wie jenem der nunmehrigen Corona Pandemie, die einen größeren Personenkreis betreffen, welche durch eine gesetzliche Regelung nicht entsprechend ausgeglichen werden können ( so hat der Oberste Gerichtshof in etwa ausgesprochen, dass es sich bei einem durch einen Verkehrsunfall beschädigten Bestandgegenstand nicht um einen derartigen Zufall handeln würde).

Es ist anzunehmen, dass im Falle einer epidemiebedingten behördlich angeordneten Schließung, wie wir sie gerade erleben, ein derartiger Grund für einen Zinsentfall bzw. – bei verbleibender Restnutzung des Bestandobjekts- für eine Zinsreduktion  verwirklicht ist ( §§ 1104f ABGB) .Für die Dauer der Unbenutzbarkeit des Bestandobjekts ist dann kein  bzw. nur ein reduzierter Mietzins zu bezahlen.

Zu achten ist natürlich ob sich im jeweiligen Vertrag eine hiervon abweichende Vereinbarung befindet.

Was ist nun mit angemieteten Kanzleiräumlichkeiten, wenn der Rechtsanwalt Mieter ist?

Meinem Rechtsverständnis nach wird diese Argumentation auch für Rechtsanwälte, sohin für angemietete Kanzleiräumlichkeiten zu gelten haben. Denn wenn zwar auch mit Mitteilung der Rechtsanwaltskammer Wien vom 17.3.2020 der ÖRAK eine Ausnahme für „ Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Rechtspflege“ in der Verordnung des BSMGPK betreffend vorläufige Maßnahme zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erreichte, so ändert dies nichts daran, dass auch diesfalls ein Betreten der Kanzleiräumlichkeit nur insofern gestattet ist als dies absolut notwendig ist.

In der Aussendung der Rechtsanwaltskammer  Wien vom 17.3.2020 steht hierzu:

„Dennoch sollte der Kanzleibetrieb auf ein notwendiges Minimum reduziert werden und soweit es möglich ist, auf Heimarbeit umgestellt werden. Bitte führen Sie für allfällige Kontrollen immer Ihren RA- Ausweis mit sich.“

 

Viele Kollegen haben bereits komplett auf home office modus umgestellt. Besprechungen finden telefonisch oder auch per Videochat statt. Viele Kollegen haben dies bereits in ihrem digitalen Außenauftritt vermerkt.

 

Ich selbst habe in meiner Kanzlei, vorwiegend im Familienrecht tätig, keine Tätigkeiten zu verrichten, welche ein Betreten der Kanzlei erforderlich machen möchte, und arbeite ebenfalls komplett „home office.“

Scheidungen, zivilrechtliche Verhandlungen und Obsorge Fälle stellen keine „ dringende Fälle“ dar, sie sollen nicht entschieden werden, der Parteienverkehr wird eingestellt. Allein im Vorjahr gab es 16.034 Scheidungen. Die nun abberaumten Verhandlungstermine werden, sobald der Gerichtsbetrieb wieder in den Regelbetrieb startet, vorrangig behandelt werden „neue Scheidungspaare“ werden daher  viel Geduld haben müssen. Möglich sind natürlich nach wie vor die Erlassungen von einstweiligen Verfügungen.

Auch sonst wirft natürlich die COVID 19 Epidemie eine jede Menge Rechtsfragen und Probleme, im noch nie dagewesenen Ausmaß auf.

Ein Dank an dieser Stelle auch an unsere Standesvertretung für ihren Einsatz und deren wertvolle Informierung in den „Corona Updates“ rund um Steuererleichterung, Möglichkeit der Stundungsansuchen von Kammer – und Pensionsbeiträgen sowie der Möglichkeit der Kurzarbeit auch für Rechtsanwaltskanzleien.

2. Herunterfahren der Gerichte auf einen Notbetrieb

Auch bei Gerichten wurde der Parteienverkehr auf das absolut notwendige Mindestmaß eingeschränkt. Ebenfalls wurde die StPO situationsbedingt adaptiert und können Vernehmungen von Beschuldigten während einer Pandemie per Videokonferenz durchgeführt werden.

3. Anregung zur Einführung von Schnellverfahren für die Dauer der Epidemie

Zu denken ist aber meines Erachtens auch an folgende Thematik: für viele Unternehmer ist die Situation nun ohnedies äußert angespannt, und ist zu befürchten, dass Schuldner wissend, dass nun so schnell kein Gerichtstermin anberaumt wird auf Zeit setzen, und die Rechnung nicht zur Überweisung bringen. Dies vergrößert die finanzielle Problematik der Unternehmer dann noch mehr. Viele Unternehmer sind gerade in Zeiten wie jetzt, wo der Umsatz wegfällt,  aber darauf angewiesen bereits erbrachte Leistungen einbringlich machen zu können.

Es wäre daher wünschenswert für die Dauer der Epidemie in gewissen Verfahren ( bis zu einem bestimmten Streitwert) ein Schnellverfahren, vergleichbar dem Europäischen Verfahren in Bagatellangelegenheiten, einzuführen, Das Gericht erläßt innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt der Antwort des Beklagten ( sofern dieser antwortet) ein Urteil zu der Forderung oder fordert die Parteien schriftlich zu weiteren Angaben auf. Eine Verhandlung, diesfalls über Tele- oder Videokonferenz, findet nur dann statt wenn dies der Richter für erforderlich erachtet.

4. Keine Onlinescheidung

Bis zuletzt wurde ich von Mandanten gestürmt, dass diese noch schnell geschieden werden wollen. Die Klienten fürchten, dass nun alle Verhandlungsbemühungen rund um eine Scheidungsvereinbarung vergeblich waren, der Partner sich alles wieder anders überlegt.

Eine reine Onlinescheidung ( daher ohne Gerichtstermin), wie von manchen Mandanten ebenfalls angefragt, ist nicht in Sicht, und würde ich eine solche auch nicht gut heißen. Denn eine Scheidung hat weitreichende gesamtrechtliche Folgen ( dies auch zB ins Fremdenrecht, Miete, Wohnungseigentumsrecht ) und sollen Scheidungen wohl überlegt sein. Gerade in angespannten Zeiten wie diesen käme es wohl schnell zu überstürzten, und später bereuten Scheidungen.

Hier geht es zum Gesetzestext vom Coronamaßnahmengesetz:

https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/I/I_00102/fname_787777.pdf

Zusatz:

Wie wichtig die Reduktion von sozialen Kontakten im Kampf gegen die Ausbreitung der Infektionen ist zeigt sich am historischen Beispiel der spanischen Grippe; an welcher insgesamt mehr Menschen als im ersten Weltkrieg starben.

So wurde 1918 in Philadelphia eine Parade mit über 200.000 Menschen abgehalten,  binnen kürzester Zeit waren sämtliche Spitäler überfüllt und noch vor dem Ende der Woche waren  über 4500 an der spanischen Grippe verstorben . Unzählige andere Menschen, die an anderen Leiden litten, starben mangels medizinsicher Betreuung.

Viel glimpflicher kamen hingegen die Menschen in St. Louis davon. Hier wurde bereits zwei Tage nach den ersten Infektionen die Stadt komplett dicht gemacht. Es starben dort viel weniger Menschen als in Philadelphia.

https://www.addendum.org/coronavirus/massnahmen-oesterreich/

Um eine reale Chance zu haben die Ausbreitung der Infiszierung effizient abzubremsen zu können, so die Experten, ist mit der Distanzierung zu beginnen, sofern nicht mehr als 1 Prozent der Gesamtbevölkerung infiziert ist. Genau dies versucht die Regierung mit ihren Maßnahmen zu erreichen.

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