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Alleinige oder gemeinsame Obsorge

Mutter hält Kind im Arm

Nach einer Scheidung bleibt grundsätzlich die gemeinsame Obsorge beider Elternteile für ihre mj. Kinder aufrecht. Die Gerichte haben lediglich zu entscheiden, in wessen Haushalt die Kinder hinkünftig hauptsächlich betreut werden sollen.

Sollten die Eltern allerdings eine Änderung dieses Grundsatzes wünschen, so können sie eine anderslautende Vereinbarung schließen, wonach beispielsweise einem Elternteil die alleinige Obsorge zukommt oder die Obsorge eines Elternteils auf bestimmte Angelegenheiten eingeschränkt wird.

Wenn nach Auflösung der Ehe oder der häuslichen Gemeinschaft die Eltern binnen angemessener Frist keine derartige Vereinbarung treffen oder wenn ein Elternteil die Übertragung der alleinigen Obsorge an ihn beantragt, muss das Gericht, sofern dies dem Wohl des Kindes entspricht, für einen Zeitraum von sechs Monaten eine vorläufige Regelung (Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung) veranlassen.

Während dieser Phase legt das Gericht die vorläufige elterliche Verantwortung fest, welcher Elternteil das Kind in seinem Haushalt hauptsächlich betreuen wird, wobei dieser Elternteil mit der gesamten Obsorge betraut werden muss. Allerdings müssen dem nicht betreuungsbefugtem Elternteil so ausreichende Kontaktmöglichkeiten eingeräumt werden, dass auch dieser die Pflege und Erziehung wahrnehmen kann. Diese Regelungen werden bestenfalls von den Elternteilen im Einvernehmen getroffen. Sollte dies allerdings nicht möglich sein, so hat das Gericht einen entsprechenden Plan aufzustellen bzw. die erforderlichen Anordnungen zu treffen und hat es auch gleichzeitig die Unterhaltsleistungen jenes Elternteils, welcher nicht mit der hauptsächlichen Kindesbetreuung betraut ist, festzulegen.

Nach Ablauf dieser 6-monatigen Frist, welche gegebenenfalls auch verlängert werden kann, wird dann unter Berücksichtigung des Kindeswohls endgültig über die Obsorge entschieden.

Weiters ist es auch möglich, dass ein Elternteil bei Gericht einen Antrag auf Änderung der gemeinsamen Obsorge und Übertragung in seine alleinige Obsorge stellt.

Die Obsorgeentziehung ist jedoch eine genau zu prüfende äußerste Maßnahme, die eine konkrete und aktuelle Kindeswohlgefährdung voraussetzt und nur unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit und der Familienautonomie vorzunehmen ist. Es müssen daher insbesondere zu Fragen der Erziehungsfähigkeit der Eltern, des Gesundheitszustands, des intellektuellen und sozialen Entwicklungsstandes, der emotionalen Bindungssituation und der besonderen (auch wirtschaftlichen) Betreuungssituation des Kindes und darüber hinaus zu aktuellen Konflikt- und Gefahrenpotenzialen in der Eltern-Kind-Beziehung konkrete Feststellungen getroffen werden, die eine verlässliche Beurteilung zur aktuellen und zur erwartbaren Kindeswohlgefährdung zulassen.

Ein gerichtlicher Entzug der Obsorge ist daher zum Beispiel nur bei Vorliegen nachstehender Gegebenheiten möglich:

  • Gewalt und Misshandlung des Kindes seitens der Eltern oder eines Elternteils
  • Verweigerung der notwendigen medizinischen Behandlung (Gefahr der Grundversorgung) seitens der Eltern oder eines Elternteils
  • Veränderung der Lebensumstände seitens der Eltern oder eines Elternteils
  • Vernachlässigung der Sorgepflicht seitens der Eltern oder eines Elternteils
  • auf expliziten Wunsch des mündigen und einsichtigen Kindes
  • Sektenzugehörigkeit der Eltern oder eines Elternteils, die da Kindeswohl gefährdet
  • Drogen- und Alkoholkonsum der Eltern oder eines Elternteils

Jedenfalls kann eine Beschränkung der Obsorge nur insoweit erfolgen als dies zur Sicherung des Wohls des Kindes erforderlich ist und zuvor alle anderen Möglichkeiten geprüft wurden (z. B. Elternberatung), um – wenn möglich – die bestehende Obsorgesituation beizubehalten.

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