anwaltfinden.at: Frau Dr. Koller, können Sie sich und Ihren bisherigen Werdegang möglicherweise kurz unseren Usern vorstellen?
Ich bin selbständige Rechtsanwältin und führe mit meiner Kanzleipartnerin Dr. Elisabeth Januschkowetz, LL.M. unsere Rechtsanwaltskanzlei Koller & Januschkowetz Rechtsanwälte im Herzen von Melk. Seit vielen Jahren bin ich speziell im Familienrecht, Scheidungsrecht und Vertragsrecht tätig und biete hier eine durchgehend persönliche Beratung sowie ein gewisses Maß an Vertrauen und Transparenz in jedem Fall.
anwaltfinden.at: Wir möchten heute mit Ihnen über das Thema Ausstattungsanspruch sprechen. Zunächst einmal zur Definition: Was ist der Ausstattungsanspruch?
Dazu muss erklärt werden, dass es früher das Heiratsgut für die Töchter und die Ausstattung für die Buben gegeben hat. Diese Unterscheidung, weil sie inhaltlich gleich sind, gibt es nicht mehr. Jetzt gibt es nur mehr den Ausstattungsanspruch, welcher in § 1220 ff ABGB geregelt ist.
Er hat einen Versorgungszweck, womit dem Kind eine Starthilfe zur Familiengründung gegeben wird. Nachdem mit der 1. Eheschließung für die Hausstandgründung finanzielle Aufwendungen doch gegeben sind und davon ausgegangen wird, dass zu diesem Zeitpunkt das Kind selbst noch nicht so viel Einkommen hat und sich auch noch kein Vermögen schaffen konnte, werden dem Kind die notwendigen finanziellen Mittel gewährt, um beispielsweise eine Wohnung zu besorgen und diese einzurichten.
Nachdem die Höhe des Ausstattungsanspruchs abhängig ist von den eigenen Lebensverhältnissen der Eltern, soll damit sozusagen das Kind auch noch angemessen durch diese Zusatzleistung an diesen familiären Verhältnissen Anteil nehmen können. Dieser Anspruch ist ein letzter Akt aus der Unterhalts- und Vorsorgepflicht der Eltern, deshalb sind auch unterhaltsrechtliche Grundsätze anzuwenden.
anwaltfinden.at: Wann hat das Kind recht auf Ausstattung bei Eheschließung?
Zunächst muss das Kind den Eltern die Möglichkeit geben, sich über den Partner zu informieren, indem es ihnen Auskunft über dessen persönliche Verhältnisse gibt. Hier gilt jedoch, dass jener Austausch vor der Eheschließung passieren muss, damit die Eltern sich zu der Partnerwahl noch äußern können.
Die Eheschließung ohne Wissen der Eltern oder sogar gegen ihren Willen bewirkt nur dann einen Verlust des Anspruches, als diese zureichend Gründe gehabt hätten, die Ehe – aber konkret den Partner – zu missbilligen, welche Gründe das Kind zu beweisen hat. Das Wohl des Kindes steht im Vordergrund, um es vor unüberlegter Eheschließung zu bewahren. Nicht aber, wenn die Eltern die Ehe nachträglich gebilligt haben. Eine mögliche Gefährdung der Ehe aufgrund von gerichtlichen Verurteilungen, Arbeitsscheu oder Einkommen nur durch Schwarzarbeit gilt hierbei als ausreichend.
Wie bereits erwähnt ist eine weitere Voraussetzung, dass das Kind selbst kein eigenes ausreichendes Vermögen besitzen darf. Eigenes Vermögen kann zu einer Minderung des Anspruches führen (wie etwa der Besitz einer Wohnung bereits vor der Eheschließung).
anwaltfinden.at: Wer muss die Ausstattung leisten?
Die Eltern haften nicht solidarisch; jeder Elternteil hat nach seinen Lebensverhältnissen angemessen und anteilig beizutragen. Das Kind kann von jeden der beiden Eltern den angemessenen Anteil verlangen, und das auch zu verschiedenen Zeiten. Sollten die Eltern nicht in der Lage sein Ihrer Mitgift angemessen nachzukommen, kann diese Verpflichtung auch die Großeltern treffen. Nach einem allfälligen Tod der Eltern, haften deren Erben.
anwaltfinden.at: In welcher Höhe bewegt sich der Ausstattungsanspruch?
Es sind die Unterhaltsgrundsätze anzuwenden, wobei es hier aber keine starren Regeln gibt, sondern die Verhältnisse des Einzelfalles müssen berücksichtigt werden. Das jeweilige Einkommen des 2. Elternteiles wird nicht berücksichtigt.
Es muss ein Vermögen vorliegen, wie etwa ein Liegenschaftsbesitz, das nach dem Zeitpunkt der Eheschließung zu bewerten ist; wobei zur Leistung auch die Veräußerung oder Belastung zugemutet werden kann. Wenn es sich um ein selbst benutztes Eigenheim handelt, das dem Wohnbedürfnis der Eltern dient, wird dieses jedoch nicht bewertet, damit nicht sein eigener Lebensstandard oder der seiner Unterhaltsberechtigten beeinträchtigt werden. Sprich, ein ertragloses, nur zu Wohnzwecken der Familie verwendetes Haus, wird nicht berücksichtigt.
Ist ein Unternehmen im Besitz, so ist nicht nur jenes Einkommen, sondern auch der Wert des Unternehmens als Vermögen zu betrachten. Um dies jedoch nicht zu gefährden, ist vom Ertragswert auszugehen. Aufwendungen sind nur dann abzugsfähig, wenn sie zur Erzielung eines Einkommens notwendig sind (wie beispielsweise ein PKW). Schulden dienen als Bemessungsgrundlage, wenn sie etwa mit der Wohnraumbeschaffung im Zusammenhang stehen.
Grundsätzlich besteht die Ausstattung aus 25-30% des anrechenbaren Jahresnettoeinkommens des Elternteils. Vorsicht: Der jährliche fiktive Vermögenszuwachs, wie etwa die Wertsteigerung von Liegenschaften und/oder Kapitalvermögen, sind hier ebenfalls zu beachten.
Des Weiteren hat das Kind Geschenke anlässlich der Eheschließung auf den Ausstattungsanspruch anzurechnen; genauso finanzielle Unterstützungen, welche der Starthilfe dienen.
anwaltfinden.at: Wann kann der Ausstattungsanspruch geltend gemacht werden?
Grundsätzlich obliegt es dem Kind, diesen Anspruch selbst geltend zu machen. Das heißt, er wird nicht automatisch zugeteilt, da es ein subjektives, privates Gestaltungsrecht ist. Jener Anspruch entsteht mit dem Verlöbnis – sofern das heutzutage überhaupt noch erfolgt – und ist fällig mit der Eheschließung oder einer eingetragenen Partnerschaft. Voraussetzung ist hierbei ein aufrechter Bestand der Ehe; mit deren Beendigung fällt der Ausstattungsanspruch weg. Der Anspruch besteht jedoch nur einmal! Wenn er einmal gezahlt worden ist, erlischt er. Heiratet das Kind ein zweites Mal, hat es keinen Anspruch mehr. Es kann jedoch der Fall sein, dass der Anspruch im Zuge der ersten Eheschließung nicht geltend gemacht wurde bzw. hierauf auch nicht verzichtet worden ist. Dann kann er nach Auflösung der ersten Ehe und mit Schließung der zweiten Ehe neu geltend gemacht werden. Das gilt auch, wenn das Kind bei der ersten Ehe nicht den vollen Anspruch erhalten hat, ohne dass es mit dem geringeren, als ihm zustehen würde, einverstanden war. Hiernach kann es bei der zweiten Ehe den fehlenden Betrag auch noch verlangen.
anwaltfinden.at: Gibt es Situationen, in denen der Ausstattungsanspruch nicht gilt?
Nachdem die Ausstattung eine Starthilfe darstellen soll, besteht kein Anspruch, wenn das Kind selbst über ausreichendes Vermögen für die Gründung einer Familie verfügt. Etwa dann, wenn schon ausreichende Wohnmöglichkeit zum Zeitpunkt der Eheschließung (Wohnung, Haus) gegeben ist. Bei Beendigung der Ehe entfällt der Anspruch. Die Ehe muss somit zum Zeitpunkt der Entscheidung aufrecht sein.
Natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass auf den Ausstattungsanspruch verzichtet wird; dann erlischt der Anspruch. Das gilt auch nach Ableben des Kindes, da der Anspruch nicht vererblich ist.
anwaltfinden.at: Wie häufig wird der Ausstattungsanspruch in der Realität geltend gemacht?
Ich habe in meiner doch nunmehr fast 35-jährigen Tätigkeit als Rechtsanwältin erst zwei strittige Verfahren wegen Heiratsgut geführt, die mit einem Vergleich geendet haben. Ich glaube ein oder zwei mir bekannte Causen wurden außergerichtlich erledigt.
anwaltfinden.at: Wie können Sie Mandanten in Bezug auf den Ausstattungsanspruch behilflich sein?
Besonders bei der Feststellung der Höhe des geltend zumachenden Anspruches müssen die Kinder unterstützt werden. Mein Anliegen liegt hier vor allem in der Ermittlung der Bemessungsgrundlage auf Basis der Vermögens- und Einkommenslage der Eltern, da dies oftmals nicht funktionierende Familienverhältnisse betrifft, in denen das Kind Schwierigkeiten hat, einen Zugang zu den Eltern zu bekommen oder möglicherweise nur ein Elternteil hat, da die Eltern geschieden sind.
Mir ist es dabei einmal gelungen eine Vater-Tochterbeziehung wieder herzustellen, da nach einer Scheidung die Kindesmutter jeglichen Kontakt mit ihm abgebrochen hat und sich so nie ein Kontakt zwischen Vater und Tochter aufbauen konnte. Sie haben sich das erste Mal bei mir in der Kanzlei getroffen und es entstand sofort eine rührende Begegnung, auch mit dem Enkelkind.
Vielen Dank für das Interview!
Rechtsanwältin Dr. Ulrike Koller nimmt sich gerne für Ihr Anliegen Zeit!
Möchten Sie mit Ihrem Partner den Bund fürs Leben eingehen, so ist dies in den meisten Fällen mit Kosten verbunden. Damit Sie hierbei finanziell unterstützt werden, haben Sie die Möglichkeit eine angemessene, finanzielle Zuwendung von Ihren Eltern zu fordern. Ob Sie in Ihrer individuellen Lage Anspruch auf Ausstattung haben und wie Sie diesen geltend machen können, erklärt Ihnen Rechtsanwältin Dr. Ulrike Koller gerne in einem ausführlichen Beratungsgespräch in Ihrer Kanzlei in 3390 Melk. Weitere Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Rechtsanwältin Dr. Ulrike Koller auf anwaltfinden.at.