anwaltfinden.at: Herr Mag. Hanten, bitte stellen Sie sich kurz vor.
Mein Name ist Mag. Klaus Hanten. Ich bin Rechtsanwalt in Wien, verheiratet und habe drei Kinder. Ich habe mich bereits früh dazu entschieden, die Anwaltslaufbahn einzuschlagen und auf das Familienrecht zu spezialisieren. Seit 18 Jahren arbeite ich nun mit meinem Partner und Mentor Dr. Stephan Duschel in einer gemeinsamen Kanzlei. In den nächsten Wochen kommt unser langjähriger Mitarbeiter Mag. Clemens Kurz als Partner hinzu und teilt sich mit mir die zivilrechtlichen Fälle.
anwaltfinden.at: Was wird unter Besuchsbegleitung verstanden?
Besuchsbegleitung bedeutet, dass die Kontaktaufnahme und -ausübung mit dem Kind unter Beobachtung einer fremden Person stattfindet. Unterschieden wird zwischen der freiwilligen und der verpflichtenden Besuchsbegleitung.
Es kann vorkommen, dass über die Ausübung des Kontaktrechtes bei Gericht oder unter den Eltern keine Einigkeit besteht. Hier können sich die Elternteile, noch bevor eine gerichtliche Beschlussfassung erfolgt, freiwillig dazu entscheiden, den Kontakt im Rahmen einer Besuchsbegleitung anlaufen zu lassen. Das sind meistens drei bis fünf Termine, die begleitet absolviert werden. Wenn diese gut verlaufen, kann in eine unbegleitete Kontaktphase übergegangen werden.
Bei einer verpflichtenden Besuchsbegleitung beschließt das Gericht, dass die Kontaktmöglichkeit nur unter der Bedingung eingeräumt werden kann, dies in einem begleiteten Rahmen durchzuführen. Das passiert, wenn die Situation bereits eskaliert ist.
anwaltfinden.at: Wann wird eine verpflichtende Besuchsbegleitung eingesetzt?
Die verpflichtende Besuchsbegleitung wird dann angewendet, wenn der nicht-betreuende Elternteil und das Kind über längere Zeit keinen Kontakt gehabt haben und so eine gewisse Entfremdung eingetreten wird bzw. dies vom hauptbetreuenden Elternteil behauptet wird. Es kommt hier oft auf die bloße Behauptung an, dass eine solche Entfremdung vorliegt. Diese Behauptung würde zwar an sich eines Beweisverfahrens bedürfen, um überprüft zu werden. Jedoch ist dies zumeist nicht sinnvoll, weil dann wiederum die Gefahr besteht, dass während dieser Prozessführung die vielleicht noch nicht vollständig vorhandene Entfremdung eintritt. Dann kann erst recht vorkommen, dass das Gericht eine Besuchsbegleitung ansetzt.
Bei dem Großteil der Fälle wird die Besuchsbegleitung also deshalb eingeführt, weil der hauptbetreuende Elternteil einbringt, dass zu wenig Kontakt bestanden hat und etwa zu befürchten ist, dass der nicht-hauptbetreuende Elternteil diesen beim Kind schlecht machen könnte. Natürlich gibt es auch Situationen, in denen Gefahr besteht, dass der Elternteil nicht kindgerecht mit dem Kind umgeht und deshalb hierauf ein Augenmerk gelegt wird.
anwaltfinden.at: Kann ich die verpflichtende Besuchsbegleitungen anfechten?
Dieser Beschluss ist prinzipiell mit einem Rekurs bekämpfbar. Vorab sollte sich jeder Elternteil jedoch die Frage stellen, was er damit erreichen will. Was ist die Priorität: Das Kind sehen zu können oder bei Gericht Recht zu bekommen? Ich habe für Beides Verständnis. Dennoch gebe ich immer den klaren Hinweis, lieber den Kontakt anzunehmen, auch wenn er begleitet sein soll. Falls ein Elternteil das als unzumutbar empfindet, kann immer noch ein Rekurs eingebracht werden.
anwaltfinden.at: Der Besuch wird von einer professionellen Organisation betreut. Wer trägt die Kosten?
Das ist nicht immer völlig klar. In der Praxis bezahlt das überwiegend der Elternteil, der das Hauptinteresse am Kontakt hat. Es gibt allerdings auch Konstellationen, bei denen die Kosten geteilt werden. Aus verschiedenen Ursachen kann auch vorkommen, dass die Begleitung sogar überwiegend oder alleine von der hauptbetreuenden Person bezahlt wird. Im Wesentlichen jedoch sind die Kosten von jener Person zu tragen, die die Besuchsbegleitung in Anspruch nimmt und den Kontakt sucht.
Falls beide Elternteile nicht in der Lage sind, diese Kosten zu bezahlen, gibt es auch geförderte Begleitungen. Diese sind kostengünstig oder sogar kostenfrei. Dafür gibt es jedoch nur sehr wenig Plätze und es ist mit einer längeren Wartezeit zu rechnen.
anwaltfinden.at: Können alternativ zu fremden Personen auch etwa Großeltern den Besuch begleiten?
Bei einer verpflichtenden Besuchsbegleitung ist das nicht möglich. Hier muss der Kontakt bei professionellen Organisationen und mit Dritten, die dementsprechend geschult sind, durchgeführt werden. Bei einer freiwilligen Begleitung kommt es allerdings immer wieder vor, dass der hauptbetreuende Elternteil das Beisein bspw. der Großmutter als Voraussetzung für den Kontakt stellt.
anwaltfinden.at: Wie läuft eine Besuchsbegleitung ab?
Der konkrete Ablauf unterscheidet sich von Einrichtung zu Einrichtung leicht. Zumeist wird aber angeboten, dass dem Kind vor den Treffen mit dem anderen Elternteil die Einrichtung selbst einmal gezeigt wird. Beim tatsächlichen Besuch wird das Kind vom hauptbetreuenden Elternteil im Eingangsbereich verabschiedet, von der Besuchsbegleitung übernommen und dann in einen Spielraum geführt, wo der besuchende Elternteil bereits wartet. Dann wird eine Stunde oder auch länger gespielt, je nachdem wie lange der Termin angesetzt ist. Die begleitende Person sitzt in der Nähe und macht teilweise Aufzeichnungen, wie der Kontakt abläuft. Schließlich verabschiedet das Kind sich noch in diesem Raum vom kontaktsuchenden Elternteil, wird hinausgeführt und wieder der hauptbetreuenden Person zugeführt. Es gibt kein Aufeinandertreffen der Elternteile vor Ort.
Nach Absolvierung aller Termine wird das Gericht in den meisten Fällen anfragen, ob hier ein kurzer Bericht von der Besuchsbegleitung ausgestellt werden kann, um zu erkennen, ob eine weitere Begleitung angeordnet werden muss oder nicht. Üblicherweise ist allerdings zu hoffen, dass nach 3-6 solcher Termine unbegleiteter Kontakt stattfinden kann.
Heutzutage kommt es so gut wie nicht vor, dass bei sehr schlechtem Umgang der Kontakt ganz ausgesetzt wird. Vielmehr wird dann dieser faktisch verhindert und auf ein Minimum reduziert. Unser Rechtssystem ist hierfür auch gar nicht ausgelegt. Eine gerichtliche Entscheidung zwecks Kontaktabbruch wäre möglich, aber sehr unwahrscheinlich. Es muss auch bedacht werden, dass diese kontaktsuchenden Elternteile ein wirkliches Interesse daran haben, dass der Besuch funktioniert und deshalb lassen sie diese Begleitung über sich ergehen. Es ist somit auch sehr unwahrscheinlich, dass die Eltern diese Besuchsausübung durch eigenes Verhalten verhindern.
anwaltfinden.at: Welche Möglichkeiten gibt es, wenn das Kind trotz Verpflichtung die Besuchsbegleitung verweigert bzw. der andere Elternteil das Kind nicht herausgibt? Was passiert, wenn der besuchende Elternteil den Kontakt nicht wahrnimmt?
Sollte sich der besuchende Elternteil weigern, gibt es einfach keinen Kontakt. Das ist die erste und hauptsächliche Konsequenz. Dazu muss aber auch gesagt werden, dass das Kontaktrecht nicht nur das Recht des Elternteiles ist, sondern auch das Recht des Kindes auf Kontakt zum anderen Elternteil. Dem Kind gegenüber ist das also nicht fair.
Falls sich ein Kind weigert, gilt es, den Sachverhalt zu beurteilen. Es gibt immer die Behauptung („Mein Kind weigert sich“) und die Frage dahin, inwieweit sich diese in einem Beweisverfahren als gegeben darstellen würde. Der erste Rechtsbehelf ist, eine Ordnungsstrafe über den Elternteil zu beantragen, der gegen den gerichtlichen Beschluss verstößt, indem er den Kontakt nicht ermöglicht. Als hauptbetreuender Elternteil bin ich verhalten auf das Kind positiv einzuwirken, sodass dieses von sich aus den Kontakt zum anderen Elternteil begrüßt. Falls der Sachverhalt festgestellt wird, dass dies nicht passiert, droht eine Ordnungsstrafe. Das ist alles eine unbefriedigende Situation für den kontaktsuchenden Elternteil. Der Termin entfällt und die Kosten sind schon aufgelaufen. Diese sind unter Umständen vom kontaktvereitelnden Elternteil einforderbar. Allerdings ist hier auch hier wieder abzuwägen, ob das Sinn macht und der Stimmung förderlich ist. Das Gleiche gilt für die Ordnungsstrafe.
In härteren Fällen wird dann mit Therapien gearbeitet. Der hauptbetreuende und der kontaktsuchende Elternteil versuchen – zuerst getrennt und dann gemeinsam – in einer systemischen Familientherapie aufzuarbeiten, woran es scheitert und warum es der hauptbetreuenden Person nicht möglich ist, das Kind positiv auf den Kontakt einzustimmen. Falls es so weit kommt, ist das bereits ein hochstrittiger und kritischer Bereich. Hier muss sich der kontaktsuchende Elternteil mitunter fragen: Mit welchem Einsatz betreibe ich die Geltendmachung meines Kontaktrechtes? Was bringt es mir, das Kind alle sechs Wochen begleitet zu sehen, wenn bis dahin ständig der Besuch ausfällt? Was habe ich davon? Darüber kann lange diskutiert werden und das wird ganz unterschiedlich gehandhabt. Es gibt Eltern, die kämpfen. Es gibt auch jene, die die Sache für Erste ruhen lassen und darauf hoffen, dass das Kind später von selbst Kontakt sucht.
anwaltfinden.at: Die Begleitperson verhält sich einem Elternteil gegenüber nicht neutral – was tun?
Prinzipiell ist die Neutralität der Begleitperson eine Vorgabe. In der Praxis spielt diese jedoch kaum eine Rolle, weil die Eltern nicht aufeinandertreffen und dieser Eindruck nicht entstehen sollte. Falls ein Elternteil das Gefühl hat, mit dem Betreuer gar nicht klarzukommen, kann beim nächsten Termin eine andere Person die Begleitung übernehmen. In diesen Einrichtungen arbeiten mehrere Personen und diese sind hier zumeist auch kooperativ. Für den Fall, dass das nicht funktioniert, kann die Einrichtung gewechselt werden. Das nimmt jedoch viel Zeit und Aufwand in Anspruch und dadurch wird der Kontakt wieder unterbrochen. Die Idee hinter der Besuchsbegleitung ist, dass es nach rasch aufeinanderfolgenden Terminen zu einem unbegleiteten Kontakt kommt. Es ist daher meistens nicht sinnvoll, die Voreingenommenheit der Begleitperson bei Gericht zu thematisieren.
anwaltfinden.at: Welche Tipps können Sie Eltern bei Schwierigkeiten rund um das Kontaktrecht mitgeben?
Ich bin seit 18 Jahren im Familienrecht tätig und habe an die 1400 Scheidungen, oft in Verbindung mit Kontaktrechtsverfahren, begleitet. Ich kann nur betonen: Vermeiden Sie, einen Bruch herbeizuführen. Reden Sie miteinander. Falls es nicht mehr möglich ist, mit dem anderen zu reden, erkennen Sie das an und suchen Sie sich Hilfe. Holen Sie sich einen Coach und lösen Sie gemeinsam die Probleme. Es ist wenig Aufwand, sich einmal im Monat zusammenzusetzen und begleitet zu besprechen.
In Verhandlungen bei Gericht kommt man im persönlichen Gespräch zumeist nach einer Stunde bereits zu einer guten Entscheidung. Nur findet dieses dann eben mit Richter und zwei Anwälten statt und verursacht auf beiden Seiten Kosten. Zumeist ist ein Gerichtsverfahren auch der Stimmung nicht zuträglich. Ich rate, durch Reden und die Bereitschaft zu reden, sich dies möglichst zu ersparen und solche Eskalationen zu umgehen.
Das Kind sollte immer im Vordergrund stehen. Interessanterweise verlieren kontaktsuchende Eltern immer wieder diesen Fokus. Das geschieht oft, weil sie durch gerichtliche Entscheidungen und manipulatives Verhalten des hauptbetreuenden Elternteiles entmutigt werden. Verlieren Sie Ihren Fokus nicht!
Vielen Dank für das Gespräch!
Kompetenz, Erfahrung und Vertrauen – Ihr Familienrechtsexperte Mag. Klaus Hanten
Sie haben ein konkretes Anliegen zur Kontaktrechtsregelung oder Besuchsbegleitung? Mag. Klaus Hanten steht Ihnen gerne bei weiteren Fragen beratend zur Seite. Seine Kanzlei in 1220 Wien ist seit über 20 Jahren spezialisiert auf Familien- und Scheidungsrecht. Kontaktieren Sie Mag. Klaus Hanten für ein klärendes Erstgespräch in Ihrem Anliegen. Mehr Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Mag. Klaus Hanten auf anwaltfinden.at.