anwaltfinden.at: Könnten Sie sich den Usern kurz vorstellen?
Dr. Schwarzinger: Mein Name ist Friedrich Schwarzinger, ich arbeite bereits dreißig Jahre als Anwalt. Neben meiner rechtlichen Tätigkeit habe ich auch eine psychologische Ausbildung absolviert und arbeite nun seit über zwanzig Jahren im Rahmen von Familienberatungen, Paartherapien und Gruppen-Supervisionen. Ich bin fachlich in vielen Gebieten tätig. Am stärksten engagiere ich mich in der außergerichtlichen Konfliktlösungen, sowohl als Mediator, aber auch als Rechtsvertreter im Bereich des Collaborative Law. Dabei verpflichte ich mich, eine gemeinsame Lösung mit den Mandanten auszuarbeiten.
Dr. Bläumauer: Ich heiße Ingrid Bläumauer. Ich bin seit 20 Jahren als Rechtsanwältin tätig. Im Jahr 1993/94 habe ich mein Gerichtsjahr absolviert und 2000 habe ich meine eigene Kanzlei eröffnet. In den Anfängen meiner Tätigkeit habe ich mich viel mit dem Thema Reiserecht beschäftigt, doch im Laufe meiner Karriere hat sich der Schwerpunkt Familienrecht herauskristallisiert. Neben meiner Tätigkeit als Rechtsanwältin bin ich auch eingetragene Mediatorin und CL-Lawyer mit einer Spezialisierung auf Familienrecht und Ehescheidungen.
anwaltfinden.at: Wie kam es dazu, dass Sie sich entschieden haben, CL-Lawyer zu werden?
Dr. Schwarzinger: Durch die Beschäftigung mit den Konfliktparteien, bei der ich gemerkt habe, dass sowohl bei den Einzelberatungen als auch bei den Mediationen einfach etwas gefehlt hat. Mir fehlten zum Beispiel ein parallellaufender, fachlicher Rat und auch eine dementsprechende Entwicklung. Besonders im Eltern- und Kinder-Coaching, aber auch im wirtschaftlichen Bereich wird es zurzeit intensiv genutzt, beispielsweise beim Steuer- oder Wirtschaftsberater.
Dr. Bläumauer: Zum Collaborative Law bin ich über einen Mandanten gekommen, der nach einem gescheiterten CL-Verfahren zu mir gekommen ist. Trotz des Scheiterns des Verfahrens war er unglaublich begeistert davon. Das hat mich neugierig gemacht. Daraufhin habe ich recherchiert wo die nächste Ausbildung stattfände. 2016 habe ich die Ausbildung zum CL-Lawyer absolviert.
anwaltfinden.at: Warum ist diese Methode noch so neu?
Dr. Schwarzinger: Wenn man es vergleicht, hat man in Italien und Holland eine sehr starke Entwicklung, denn dort sind Mediationen und Collaborative Law fast gleich stark vertreten. In England war das CL sogar eine Zeit lang populärer als Mediation. Dort, wo die gerichtliche Alternative sehr langwierig oder kostspielig bzw. extrem ist – wie z. B. im amerikanischen Raum – boomen natürlich die außergerichtlichen Methoden. In Ländern, in denen man angemessene gerichtliche Verfahren vorfindet, ist die Nachfrage danach nicht so groß. Aber auch Länder mit guten gerichtlichen Verfahren überlegen bereits, ob es in Bereichen, in denen gemeinsame Interessen gegeben sind, kluge Alternativen zu gerichtlichen Auseinandersetzungen gibt.
Außerdem ist CL bei uns vergleichsweise unbekannt, im Gegensatz zur Mediation. Natürlich liegt das auch daran, dass CL erst viel später eingeführt wurde als die Mediation. Gleichzeitig herrscht ein Wandel in der Gesellschaft vor. Sie entfernt sich vom streitigen Anwalt, der ohne den Klienten verhandelt, hin zum Sinn der gemeinsamen Lösung, wie es auch die Mediation vorsieht.
anwaltfinden.at: Was ist hier der Unterschied/die Gemeinsamkeit zur Mediation?
Dr. Schwarzinger: Gemeinsamkeiten gibt es besonders in der methodischen Vorgangsweise und bei der Frage „Wie komme ich zu einem Ergebnis, das alle akzeptieren können?“. Man geht weg von Standpunkten – z. B. „Ich will das Haus.“ – hin zu dem, was den einzelnen Parteien wichtig ist – wie die Kinderbetreuung.
Es wird nicht darüber gestritten, wer einen Fehler begangen hat, sondern es wird ein Kompromiss verhandelt, mit dem alle in der Zukunft glücklich sein können. Ein Begriff dafür ist auch interessensbasierte Betrachtungsweise. Ebenfalls eine Gemeinsamkeit von CL und Mediation ist der Grundsatz der Transparenz, aufgrund dessen man alle Unterlagen und Daten offenlegt.
Der Unterschied hingegen ist, dass bei der Mediation der Hauptkonfliktvermittler – der Mediator – in einer allparteilichen und neutralen Position steht. Im CL hingegen hat jede Partei einen Vertreter mit einem anwaltlichen Hintergrund. Diese verpflichten sich dazu, dass, falls keine Einigung zustande kommen sollte, sie die Parteien nicht vor Gericht vertreten. Damit wird sichergestellt, dass kein Vertrauensbruch entstehen kann.
Auf dieser Basis finden die gemeinsamen Sitzungen statt, in denen die Anwälte moderierend und gesprächsführend tätig sind und nicht die Verhandlung für den Mandanten führen. Die Anwälte dienen hier als Interessensvertretung und nicht als die Durchsetzer von Standpunkten. Zwischendurch gibt es immer wieder Einzelsitzungen. Das Ziel ist, dass zusammen Lösungen gefunden werden.
Welches Modell das Passende ist, ist individuell zu entscheiden.
Dr. Bläumauer: Einer der größten Unterschiede ist, dass der Mediator im Prozess der Mediation keine Rechtsberatung geben darf. Das bedeutet, dass, falls Rechtsfragen auftauchen sollten, ein weiterer Anwalt hinzugezogen werden muss, um die Beratung durchzuführen. Beim CL-Verfahren darf ich als Anwältin meinem Klienten eine direkte Rechtsberatung geben und muss keine weitere Instanz in den Fall miteinschließen.
anwaltfinden.at: Beim CL-Verfahren arbeitet jeder Anwalt für seinen Mandanten, aber man versucht gemeinsam eine Lösung zu finden. Nun stellt sich die Frage, besteht die Problematik, dass sich der Anwalt zu stark auf seinen eigenen Mandanten fokussiert?
Dr. Schwarzinger: Zwei Aspekte sind hier wichtig: Bei der Verhandlungsführung, bei der alle ihren Standpunkt darlegen können, verläuft alles absolut gleichberechtigt. Alle müssen zu Wort kommen und alle Aspekte müssen betrachtet werden. Hier nehmen die Anwälte die Rolle von Co-Moderatoren ein.
Parallel dazu ist es auch die Aufgabe der CL-Anwälte auf ihre Mandanten zu achten und sie zu begleiten. Das bedeutet aber nicht sie zu bevormunden, sondern darauf zu achten, dass sie all ihre Betrachtungen und Interessen ausdrücken können und dann erst einer Lösung zustimmen. Das Ziel hier ist für beide eine Win-Win-Situation zu schaffen. Gleichzeitig ist es die Aufgabe des CL-Anwalts auf die eigene Partei zu achten, ohne sich in eine abwertende oder gar fordernde Position zu begeben.
Dr. Bläumauer: Nein, denn der Anwalt soll immer ein Ratgeber sein. Die Interessen müssen abgewogen und besprochen werden. Man muss natürlich auch abwägen, ob eine vernünftige Lösung in einer solchen Konstellation möglich ist. Wenn jemand nur stur die eigenen Interessen durchsetzen will, dann empfehle ich in einen Gerichtsprozess. Eine gewisse Kompromissbereitschaft muss von vornherein gegeben sein – auch bei den einzelnen Parteien.
anwaltfinden.at: Wie kann man sich den Ablauf des CL-Verfahrens vorstellen?
Dr. Bläumauer: Wie bei der Mediation, gibt es auch hier ein Mehr-Phasen-Modell. Zu Beginn legt man die Themen fest und gestaltet ein Programm für die kommenden Sitzungen. Man bespricht, welche Punkte man behandeln möchte. Zu Beginn eines CL-Verfahrens wird den Konfliktpartnern auch die CL-Methode und die Arbeitsweise nochmals erklärt und gegebenenfalls auch Gesprächsregeln vereinbart. Wir bilden hier einen Rahmen, in dem wir, in den darauffolgenden Wochen, gut arbeiten können.
In den einzelnen Sitzungen werden dann gemeinsam die festgelegten Themenbereiche behandelt. Dabei legen die Parteien ihre Standpunkte, Sichtweisen und Intentionen, dar. Die Anwälte haben in dieser Phase unterstützende Funktion, indem sie bspw, Fragen stellen und den Ausführungen des eigenen Mandanten ergänzen, sodass dessen Standpunkt verständlich dargelegt wird. Zwischen den gemeinsamen Sitzungen gibt es auch immer wieder Beratungsgespräche mit dem eigenen Anwalt.
Erzielen die Konfliktparteien eine Einigung, wird von den CL-Anwälten eine Vereinbarung bzw. ein Scheidungsvergleich ausgearbeitet, mit den Parteien abgestimmt und im Falle einer einvernehmlichen Scheidung auch die gerichtliche Abwicklung organisiert.
anwaltfinden.at: Was für Vorteile birgt die CL-Methode?
Dr. Schwarzinger: Für mich besteht der größte Vorteil darin, dass zwei Anwälte zusammenarbeiten. Viele Klienten sprechen im Nachhinein davon, dass sie das Gefühl hatten, als hätten sie einen Anwalt bezahlt, jedoch die rechtliche Expertise und die Fähigkeiten von zwei Anwälten erhalten. So etwas bekommt man nur im Collaborative Law.
Dr. Bläumauer: Durch die CL-Methode haben Sie geschulte Anwälte, die im Bereich der Konfliktbereinigung eigene Ausbildungen absolviert haben. Viele Anwälte im CL-Bereich sind auch eingetragene Mediatoren, was bedeutet, dass die meisten Anwälte eine Doppelqualifikation besitzen, von der die Mandanten enorm profitieren.
Der CL-Anwalt, der Sie begleitet, führt mit Ihnen neben den Sitzungen auch Einzelbesprechungen durch. Dort hat man die Möglichkeit auch rechtlich nochmal alles abzuklären. Der große Vorteil der CL-Methode ist, dass der Anwalt bei allen Besprechungen dabei ist, was eine gewisse Sicherheit vermittelt und den Weg zu einem zusätzlichen Anwalt zur Einholung einer Rechtsberatung erspart.
Bei der CL-Methode spielt auch der Zeitfaktor eine große Rolle, da die Sitzungen üblicherweise im Zwei-Wochentakt stattfinden, während man bei Gerichtsverfahren zwei Monate oder länger auf den nächsten Termin wartet.
anwaltfinden.at: Kann die CL-Methode nur in Familienkonflikten bzw. im Familienrecht angewendet werden?
Dr. Schwarzinger: Nein, das CL-Verfahren kann vielseitig angewendet werden. Bei Familien- oder Ehekonflikten, aber auch bei erbrechtlichen Thematiken oder im Unternehmensrecht – beispielsweise bei Unternehmenszusammenführungen. Hauptsächlich wird die CL-Methode jedoch schon im Familienrecht angewendet, weil viele Anwälte, die sich auf Familienrecht spezialisiert, auch diese Zusatzausbildung absolviert haben.
Collaborative Law ist dort sinnvoll, wo Menschen potenziell gemeinsame Interessen haben könnten.
anwaltfinden.at: Können Mediation und die CL-Methode zusammen kombiniert werden, quasi als Hybridverfahren?
Dr. Schwarzinger: Ich würde ein Hybridverfahren in dem eine Person sowohl neutral als auch parteilich ist ausschließen. Alle beteiligten Fachberater sind von Beginn an entweder in einer neutralen (z. B. der Kinder-Coach) oder einer parteilichen Position (z. B. der Erwachsenen-Coach). Es wäre jedoch möglich, beispielsweise einen neutralen Finanz-Coach zu einem Fall mit zwei klar parteilich abgrenzten CL-Anwälten miteinzubeziehen. Die Rollen müssen einfach klar voneinander abgegrenzt sein.
anwaltfinden.at: Wie hilft nun der Anwalt seinem zu vertretenden Mandanten im CL?
Dr. Bläumauer: Anders als der Mediator kann der Anwalt im CL-Verfahren rechtsberatend agieren. Außerdem bekommt der Mandant mittels der Vor- und Nachbesprechungen eine intensive Vorbereitung, Reflexion und Feedback der Sitzungen. Die CL-Anwälte moderieren und steuern die Sitzungen, wodurch die Mandanten viel zu Wort kommen und effizienter einer Lösungsfindung entgegenarbeiten. Abschließend unterstützen die Anwälte und sind immer an der Seite ihrer Mandanten, um ihnen auch den Mut zu geben ihre Interessen zu vertreten. Wir haben hier eine klar unterstützende Funktion.
anwaltfinden.at: Wird sich Ihrer Meinung nach, das CL-Verfahren in Zukunft weiter durchsetzen?
Dr. Schwarzinger: Ja, weil das System, in dem Entscheidungen über Gerichtsverfahren getroffen werden, zu wenig individualisiert ist und die einzelnen Parteien zu wenig miteinbezogen werden. In der weitergehenden Entwicklung werden sich die Modelle von CL und Mediation weiter durchsetzen, denn durch sie kann eine einseitige Machtverteilung umgangen werden und ein fairer Prozess stattfinden. Es wird sich auch in anderen Rechtsbereichen stark durchsetzen. Ich denke, dass zwei Drittel aller Fälle, die zurzeit noch bei Zivil- oder Handelsgerichten landen Mediations- oder CL-tauglich sind.
Dr. Bläumauer: Das würde ich mir sehr wünschen. Ich hoffe sehr, dass es sich weiter durchsetzt und noch in seiner Bekanntheit wächst. Im englischsprachigen Raum hat das CL-Verfahren bereits eine große Beliebtheit erreicht. In Österreich hat es meiner Meinung noch keinen Anklang gefunden, weil das Wissen darüber noch nicht vorherrscht. Hier ist es erst seit Kurzem der Nutzen von Mediationen Normalität. Dass es eine andere Möglichkeit auch noch gäbe ist der breiten Masse wenig bekannt.
Herzlichen Dank für die Gespräche!
Dr. Friedrich Schwarzinger – Ihr Collaborative-Lawyer mit Expertise
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Kontaktieren Sie die Kanzlei für ein aufschlussreiches Erstgespräch im Bereich Familienrecht, Strafrecht, Schadenersatz, Firmenrecht oder Collaborative Law, um Ihre Anliegen und etwaige Lösungsstrategien zu besprechen. Mehr Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Dr. Friedrich Schwarzinger auf anwaltfinden.at.
Dr. Ingrid Bläumauer – Ihre Rechtsexpertin für außergerichtliche Verhandlungen
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Nehmen Sie noch heute Kontakt auf, um schnellstmöglich einen Termin für ein klärendes Erstberatungsgespräch zu vereinbaren. Mehr Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Dr. Ingrid Bläumauer bei anwaltfinden.at