anwaltfinden.at: Herr Mag. Steger, können Sie sich kurz vorstellen? Wie sieht Ihr beruflicher Werdegang bis heute aus?
Ich bin Rechtsanwalt in Wien Döbling. Studiert habe ich an der Universität Innsbruck. Im Anschluss habe ich berufsbegleitend ein vertiefendes Studium aus Europarecht an der Universität Passau absolviert. Ich habe bereits während des Studiums nebenbei als Assistent am Institut für europäisches Privatrecht gearbeitet. Dabei bin ich auch mit dem liechtensteinischen Recht in Berührung gekommen. Das hat dazu geführt, dass ich meine ersten Berufsjahre im Fürstentum Liechtenstein verbracht habe. Erst später habe ich mich dafür entschieden, in Österreich Rechtsanwalt zu werden. Meine Ausbildung habe ich dann mit unterschiedlichen Schwerpunkten in Kanzleien in Vorarlberg, Wien und Kitzbühel absolviert. Nach der Rechtsanwaltsprüfung habe ich im Februar 2018 eine eigene Kanzlei gegründet.
anwaltfinden.at: Sie sind unter anderem Experte im Erbrecht. Warum haben Sie sich für dieses Thema entschieden?
In dieses Thema bin ich hineingewachsen. Als Rechtsanwaltsanwärter habe ich immer wieder unterschiedliche erbrechtliche Fälle bekommen, wurde damit zunehmend vertraut und habe mein Wissen vertieft. Das Spannende am Erbrecht ist, dass es neben den rechtlichen Fragestellungen auch viele sonstige Themen mit sich bringt. Jeder Fall ist anders und eine neue Herausforderung. Man muss die Fälle immer gesamtheitlich betrachten. Das macht die Sache nicht nur rechtlich, sondern auch persönlich sehr spannend.
anwaltfinden.at: Im Erbrecht ist auch vom Erbverzicht die Rede. Worum handelt es sich dabei?
Allgemein handelt es sich beim Erbverzicht um einen Vertrag, der noch zu Lebzeiten zwischen dem Erblasser und dem potenziellen Erben abgeschlossen wird. Es gilt zu bedenken, dass ein Erbverzicht auch für die Nachkommen wirksam ist, sofern vertraglich nichts anderes geregelt wird.
Der Erbverzicht kann nicht einseitig errichtet werden. Mit diesem Vertrag verzichtet der potenzielle Erbe auf ein möglicherweise in der Zukunft entstehendes Erbrecht. Vertragsgegenstand ist also nur die Aussicht auf das Erbe, nicht das Erbrecht selbst, denn das Erbrecht entsteht ja erst beim Ableben. Der Erbverzicht ist also ein Sonderfall. Man verzichtet auf eine Aussicht und damit auf eine Sache, die es noch nicht gibt, weil der Vertragspartner noch lebt.
Der Erbverzichtsvertrag unterliegt strengen Formvorschriften. Es bedarf dafür eines Notariatsaktes oder einer gerichtlichen Beurkundung. Der Erbverzicht kann sich auf das gesamte Erbrecht erstrecken oder nur auf den Pflichtteil. Letzteres ist der häufigste Anwendungsfall.
anwaltfinden.at: Warum entscheiden sich manche Menschen, auf ihr Erbe zu verzichten?
Die Gründe dafür sind sehr unterschiedlich. Durch den Erbverzicht hat der Verstorbene beim Vererben einen viel größeren Gestaltungsspielraum. Oft möchte er schon zu Lebzeiten Dinge regeln und seinen Spielraum beim Testament oder einer sonstigen letztwilligen Verfügung erhöhen.
Der mit Abstand häufigste Grund für einen Erbverzicht ist, dass man das Vermögen schon zu Lebzeiten im Einvernehmen mit den Erben aufteilt. Ein klassisches Beispiel ist die Übergabe einer Liegenschaft gegen Erbverzicht – ein Kind bekommt eine Liegenschaft, dafür verzichtet es auf ein mögliches sonstiges Erbe. In der Regel wird dem Erblasser mit dieser Übergabe ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt. Häufig kommt ein Erbverzicht auch bei der Übergabe eines Unternehmens zum Einsatz. Wenn der Fortbestand des Unternehmens gesichert werden soll, möchten viele den Betrieb nicht auf mehrere Erben aufteilen und dadurch eine Zerschlagung der Firma verhindern. Dass man durch einen Erbverzicht nichts vom Erbe bekommt, ist also auch hier die absolute Ausnahme. Es geht vielmehr darum, schon zu Lebzeiten vieles zu regeln.
Manche Erben möchten mit einem Erbverzicht auch vorbeugend vermeiden, dass sie auf Schulden sitzen bleiben. Es gibt aber auch emotionale Gründe für einen Erbverzicht. Bei schwierigen Verhältnissen verzichten manche Erben auf ihr Erbrecht, um einer möglichen Enterbung vorzubeugen.
anwaltfinden.at: Welche Konsequenzen hat ein Verzicht auf das Erbe?
Durch den Verzicht verliert der Anwärter seinen Pflichtteilsanspruch. Das bedeutet aber nicht, dass der Verzichtende nicht noch bedacht werden kann, zum Beispiel durch ein Vermächtnis.
Ein Vermächtnis ist die Zuwendung einer ganz bestimmten Sache, etwa eines Schmuckstücks, zu dem es eine besondere Beziehung gibt. Aber auch ein Haustier kann vermacht werden. Ein Erbe hingegen ist die Nachfolge der gesamten Rechte und auch Pflichten des Verstorbenen. Es kann also auch sein, dass ein Erbe Schulden erbt.
anwaltfinden.at: Was könnte Menschen dazu bewegen, ihren Erbverzicht rückgängig machen zu wollen? Und kann man diesen überhaupt rückgängig machen?
Das ist denkbar, wenn sich die Umstände ändern, die zum Zeitpunkt des Erbverzichts existierten. Es kann passieren, dass ein überschriebenes Unternehmen aufgrund wirtschaftlicher Zwänge verkauft werden muss, in Konkurs geht oder aus sonstigen Gründen geschlossen wird. Denkbar ist auch, dass die Erben eine Liegenschaft weiterverkauft haben, während im Erbverzichtsvertrag aber festgehalten worden ist, dass für die Liegenschaft ein Verkaufsverbot besteht. Dann kann der Erbverzichtsvertrag unter engen Voraussetzungen einseitig angefochten werden.
Der Erbverzicht ist ein zweiseitig bindendes Rechtsgeschäft. Wenn zwischen den beiden Vertragspartnern Einvernehmen besteht, kann er leicht rückgängig gemacht werden. Kompliziert wird es erst, wenn es sich um einen einseitigen Wunsch handelt.
anwaltfinden.at: In welcher Form kann der Erbverzicht rückgängig gemacht werden? Wie sieht dieser Prozess in der Regel aus?
Eine einvernehmliche Auflösung muss schriftlich erfolgen. Es braucht dazu nicht wie beim Abschließen des Erbverzichtsvertrags einen Notariatsakt oder eine gerichtliche Beurkundung. Wer möchte, kann natürlich freiwillig zum Notar gehen.
anwaltfinden.at: Gibt es Umstände, unter denen ein Erbverzicht einseitig oder keinesfalls aufgehoben werden kann?
Ein Erbverzichtsvertrag kann einseitig angefochten werden. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Diese liegen in den allgemeinen vertraglichen Regelungen. Es kommt beispielsweise eine Anfechtung wegen Irrtums in Betracht, wegen Leistungsstörungen oder wegen Nichtigkeitsgründen. Denkbar ist auch, dass die Geschäftsgrundlage weggefallen ist. Außerdem können im Vertrag selbst auflösende Bedingungen enthalten sein, die eine Anfechtung möglich machen. Da müsste man sich den jeweiligen Vertrag individuell anschauen.
Liegt hingegen ein mangelfreier Vertrag vor und man hat nur seine Meinung geändert, ist es nicht möglich, den Erbverzicht einseitig rückgängig zu machen. Es müssen gewichtige Gründe vorliegen, damit man ihn anfechten kann. Damit der Erbverzicht auch Bestand hat, findet die Erstellung auch unter strengen Formvorschriften statt. Also sollte man sich vorher gut beraten lassen und nur dann auf das Erbe verzichten, wenn man sich absolut sicher ist.
anwaltfinden.at: Rechtstipp vom Anwalt: Was raten Sie Usern, die ihren bereits abgeschlossenen Erbverzicht rückgängig machen möchten?
Ich rate, erstmal mit dem Vertragspartner zu reden. Wenn beide Seiten einverstanden sind, lässt sich der Erbverzichtsvertrag ganz einfach wieder abändern oder aufheben. Das ist durch einen neuen Vertrag ohne Notar möglich und keine große Sache. Schwierig wird es, wenn es kein Einvernehmen gibt. Dann braucht es rechtliche Unterstützung. Mit dieser Unterstützung sieht man sich diese Sache genau an und eruiert, ob es überhaupt Möglichkeiten gibt, den Erbverzicht rückgängig zu machen.
anwaltfinden.at: Wie können Sie, als Rechtsexperte im Erbrecht, Menschen behilflich sein, die ihren Erbverzicht rückgängig machen möchten?
Jeder Fall ist anders. Daher ist es empfehlenswert, sich jeden Fall gründlich anzusehen. Das hat den Vorteil, dass man schwerwiegende und teure Folgefehler vermeiden kann. In diesem Zusammenhang kann ich gerne meine Unterstützung anbieten. Beratungen sind bei mir auch telefonisch oder per Video möglich. Am liebsten ist mir allerdings das persönliche Gespräch, bei dem man sich kennenlernen und anhand der Unterlagen alles vertiefend ansehen kann und dann gemeinsam eine gute Lösung erarbeitet.
Mag. Andreas Steger – Ihr zuverlässiger Experte im Erbrecht
In seiner Arbeit als Rechtsanwalt ist Mag. Andreas Steger stets darauf bedacht, eine individuelle und innovative Lösung für Sie zu finden. Einen ersten Überblick über die rechtliche Situation und Ihre Möglichkeiten verschafft er während eines Erstgesprächs in seiner Kanzlei in 1190 Wien. Weitere Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Mag. Andreas Steger auf anwaltfinden.at.