anwaltinden.at: Herr. Mag. Oblinger, möchten Sie sich unseren Usern kurz vorstellen?
Mein Name ist Mag. Philipp Oblinger, ich bin 37 Jahre alt und Rechtsanwalt in Wels. Ich habe in Wien studiert und das Gerichtsjahr sowie die Rechtsanwaltsanwärterzeit in Wels absolviert.
Ich bin seit meiner Rechtsanwaltsanwärterzeit – also seit dem Beginn meiner Ausbildung – im Insolvenzrecht tätig, weswegen es unter anderem zu meinen Spezialgebieten gehört.
anwaltfinden.at: Sie sind unter anderem im Insolvenzrecht tätig – welche Eigenschaften sind Ihrer Meinung nach diesbezüglich besonders wichtig?
Zunächst sollte man eine gute bzw. fundierte Ausbildung haben und sich im Insolvenzrecht regelmäßig weiterbilden. Das bedeutet, ich besuche laufend – Corona ausgenommen – Seminare im Insolvenzrecht, die von unterschiedlichen Organisationen in Oberösterreich veranstaltet und organisiert werden.
Ebenso sollte man einen wirtschaftlichen Background bzw. ein wirtschaftliches Grundverständnis mit sich bringen, sprich zum Beispiel Bilanzen lesen oder Jahresabschlüsse interpretieren können. Das ist von großem Vorteil.
Darüber hinaus sollte man lösungsorientiert sowie effizient denken und arbeiten. Das ist meiner Meinung nach als Masseverwalter bzw. Schuldnervertreter besonders wichtig.
anwaltfinden.at: Zur Einleitung – was versteht man unter dem Begriff „Privatkonkurs“?
Der Privatkonkurs – richtigerweise als Schuldenregulierungsverfahren bezeichnet – ermöglicht eine Art Neustart für natürliche Personen, unabhängig davon, ob die Schulden aus privaten Schwierigkeiten herrühren oder sie einen ehemaligen Unternehmer betreffen. In beiden Fällen ist das Bezirksgericht zuständig.
Im Zuge des Schuldenregulierungsverfahrens wird sowohl die Aktiva als auch die Passiva zusammengezogen, gegenübergestellt und dann im Rahmen des Schuldenregulierungsverfahrens – mit dem Ziel der Entschuldung der natürlichen Person – abgewickelt.
anwaltfinden.at: Dem gerichtlichen Schuldenregulierungsverfahren ist der außergerichtliche Ausgleich vorgeschaltet, wie läuft dieser ab?
Der außergerichtliche Ausgleich ist kein gerichtliches Verfahren und läuft somit ohne gerichtliche Kontrolle und ohne Masse- oder Insolvenzverwalter ab.
Ich persönlich habe einen solchen Ausgleich noch nie gemacht und stehe diesem eher kritisch gegenüber. Zunächst, weil er nicht möglich ist, wenn zum Beispiel öffentliche Gläubiger mitinvolviert sind, da die Finanzämter bzw. Sozialversicherungsträger einem Schuldenschnitt – also einer Quote von unter 100% – nicht zustimmen dürfen. Hierfür gibt es eine gesetzliche Verankerung. Das bedeutet, man müsste mit allen Gläubigern, die es gibt, zu einer Einigung gelangen und jeder muss wissen, was der andere bekommt, da ansonsten eine Gläubigerbenachteiligung vorliegt.
Problematisch ist, dass die Schuldner oftmals den Überblick über die Anzahl und die Identität ihrer Gläubiger verloren haben. Ich halte es für nahezu ausgeschlossen, dass ein Schuldner jeden seiner Gläubiger kennt.
anwaltfinden.at: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Privatkonkurs eröffnet werden kann?
Zunächst muss jedenfalls die Zahlungsunfähigkeit eingetreten sein. Das bedeutet, dass bei redlicher Gebarung nicht alle Verbindlichkeiten bei Fälligkeit bezahlt werden können. Wenn also zum Beispiel fällige Rechnungen oder die fällige Miete bei Fälligkeit nicht mehr bezahlt werden können.
Zweitens sollte der Schuldner über ein kostendeckendes Vermögen verfügen. Das kann in Form eines geringen Einkommens, geringer pfändbarer Beträge oder bei Besitz eines Autos sein.
In diesem Fall sind die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens gegeben.
anwaltfinden.at: Von wem kann ein Schuldenregulierungsverfahren eingeleitet werden?
Es kann einerseits vom Schuldner selbst eingeleitet werden – das nennt man einen sogenannten Eigenantrag. Der Vorteil hierbei ist, dass es in der Regel vorbereitet ist und somit für den Schuldner nicht überraschend kommt.
Andererseits kann das Verfahren auf Antrag eines Gläubigers eingeleitet werden. In einem solchen Fall handelt es sich wahrscheinlich um einen Gläubiger, der bereits längere Zeit mit Exekutionen andrängt, dem es irgendwann einmal zu viel wurde und daher einen Antrag auf Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens stellte.
anwaltfinden.at: Welche Folgen hat die Eröffnung eines Privatkonkurses?
Das kommt zunächst darauf an, ob es sich um eine Eigenverwaltung oder eine Fremdverwaltung handelt. Das heißt, wird ein Insolvenzverwalter bestellt oder nicht. Sollte ein Insolvenzverwalter bestellt werden, übernimmt dieser quasi die gesamte Finanzgebarung des Schuldners. Dieser verliert dadurch beinahe alle seine Rechte, über sein Vermögen zu disponieren.
Eine weitere Folge ist zum Beispiel die Postsperre. Der jeweilige Schuldner bekommt – im Falle der Fremdverwandlung – keine Post mehr zugestellt. Diese wird direkt an den Insolvenzverwalter zugestellt.
Außerdem werden die Konten gesperrt und es sind keine Exekutionsschritte mehr möglich. Der Schuldner muss dennoch sein gesamtes Vermögen offen- bzw. darlegen und darf diesbezüglich nichts verschweigen.
Es werden im Falle der Eröffnung eines Konkursverfahrens jedenfalls eine Reihe an unmittelbaren und mittelbaren Schritten gesetzt. Vom Schuldner selbst werden diese mitunter als persönlicher Einschnitt angesehen, weshalb es wichtig ist, diesem – unabhängig davon, ob es sich um einen Insolvenzverwalter oder einen Schuldnerberater handelt – alles genau zu erklären, damit er es verstehen und letztendlich akzeptieren kann.
anwaltfinden.at: Wie läuft ein Privatkonkurs ab? Welche Möglichkeiten der Entschuldung bietet das Schuldenregulierungsverfahren?
Es bestehen im Großen und Ganzen zwei Möglichkeiten.
Auf der einen Seite gibt es den Zahlungsplan. Das bedeutet, man bietet seinen Gläubigern eine sogenannte Zahlungsplanquote an. Hierbei handelt es sich um einen Prozentsatz, verbunden mit einer Laufzeit. Man bezahlt somit die Schulden mit einem bestimmten Prozentsatz in einer Zahlungsfrist. Wenn man diese Quote fristgerecht an die Gläubiger überweist, erhält man vom Gericht die sogenannte Restschuldbefreiung. Das bedeutet, dass der Schuldner von allen Schulden, die man bei Eröffnung des Konkurses hatte, abzüglich der Zahlung dieser Quote, anschließend befreit ist.
Die zweite Möglichkeit bildet – was von den Schuldnern in der Regel als etwas unangenehmer empfunden wird – das sogenannte Abschöpfungsverfahren. Das bedeutet, entweder haben die Gläubiger die angebotene Zahlungsplanquote nicht angenommen oder der Schuldner hat keine angeboten und gleich das Abschöpfungsverfahren beantragt.
Im Fall des Abschöpfungsverfahrens wird der Schuldner für die nächsten fünf Jahre auf sein Existenzminimum gepfändet. Das bedeutet, die pfändbaren Teile seines Einkommens werden ihm sofort von Drittschuldnern – beispielsweise dem Arbeitgeber – abgezogen. Nach Ablauf dieser fünf Jahre erhält er die Restschuldbefreiung.
anwaltfinden.at: Gibt es irgendwelche Hindernisse, die die Einleitung eines Abschöpfungsverfahrens verhindern würden?
Man darf keine strafgerichtlichen Verurteilungen haben! Es gibt also bestimmte Delikte, derer man sich nicht schuldig machen darf. Ferner darf man ein derartiges Verfahren nicht schon einmal geführt haben.
Unter diesen sogenannten Einleitungshindernissen fallen Kridadelikte, zum Beispiel die Verurteilung wegen betrügerischer Krida, Begünstigung von Gläubigern, Abgabe eines falschen Vermögensverzeichnisses und Vollstreckungsvereitlung.
anwaltfinden.at: Wann wird ein Konkurs vom Gericht aufgehoben und welche Folgen hat die Konkursaufhebung?
Der Konkurs wird aufgehoben, sobald das Verfahren beendigungsreif ist. Das bedeutet, es hat entweder mit einem Zahlungsplan oder einem Abschöpfungsverfahren geendet.
Anschließend folgen Formalitäten hinsichtlich der Kosten, je nachdem, ob ein Insolvenzverwalter oder Gläubigerschutzverbände involviert waren. Zuletzt erfolgt ein Beschluss, in dem festgehalten wird, dass das Verfahren aufgehoben ist. Der Schuldner erlangt dadurch seine “normale“ Handlungsfähigkeit und kann somit wieder über sein Einkommen und sein Vermögen – sofern noch eines vorhanden ist – disponieren.
anwaltfinden.at: Mit welchen Verfahrenskosten ist in etwa zu rechnen?
Bezüglich der Kosten gibt es aus meiner Sicht vier wesentliche Punkte, die man berücksichtigen sollte:
- Die gerichtliche Pauschalgebühr
- Die Belohnung der Gläubigerschutzverbände
- Die Entlohnung des Insolvenzverwalters
- Die eigenen Vertretungskosten, sofern man einen Rechtsanwalt – also einen beruflichen Parteienvertreter als Schuldnervertreter – beauftragt.
Die Höhe der gerichtlichen Pauschalgebühr, jene für die Gläubigerschutzverbände und die Kosten für den Insolvenzverwalter sind gesetzlich geregelt.
Die Kosten der eigenen Rechtsvertretung können natürlich frei mit dem Rechtsanwalt vereinbart werden und orientieren sich in der Regel nach Aufwand und möglicherweise der Höhe des Schuldenstandes.
Eine Zahl zu nennen ist jedenfalls schwierig, da es „einfache“ Schuldenregulierungsverfahren gibt, bei denen weniger Gläubiger involviert sind und bei denen sich der Schuldenstand in einem Bereich von 50.000 – 70.000 € bewegt. Es gibt aber auch Schuldenregulierungsverfahren, in denen sich ehemalige Unternehmer mitunter mit Millionen entschulden.
anwaltfinden.at: Wie können Sie, als Anwalt im Insolvenzrecht, Personen während des Privatkonkurses unterstützen?
Ich würde das in zwei Bereiche aufteilen – die Zeit vor der Eröffnung und die Zeit nach der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens.
Vor der Eröffnung verschaffe ich mir einen kompletten Überblick über die Vermögens- und Einkommenssituation. Danach gilt es abzuwägen, ob ein Zahlungsplan möglich und leistbar oder ob im Endeffekt ohnehin nur ein Abschöpfungsverfahren denkbar ist.
Außerdem bereite ich alles sorgfältig vor, sodass das Verfahren in geordneten Bahnen beginnt, sprich der entsprechende Schriftsatz wird – mit der Vorlage aller benötigten Unterlagen – bei Gericht eingereicht, damit das Verfahren möglichst schnell und ordnungsgemäß beginnen bzw. ablaufen kann.
Nach der Eröffnung folgt, sollte ein Insolvenzverwalter bestellt worden sein, eine Besprechung mit dem Schuldner. Hierbei kann der Rechtsanwalt eine wichtige Stütze sein.
Der Rechtsanwalt ist zudem bei Tagsatzungen vor Gericht anwesend. Eine derartige Situation wird von vielen Leuten, die noch nie bei Gericht waren, meist als unnatürlich empfunden – in solchen Fällen ist es von Vorteil, einen erfahrenen Rechtsanwalt an seiner Seite zu haben, der einem das Wesentliche bei Bedarf erklären kann.
Darüber hinaus ist der Rechtsanwalt der Ansprechpartner bezüglich der Ausverhandlung der Quote gegenüber den Gläubigern.
Vielen Dank für das Gespräch!
Ich unterstützte meine Klienten zuverlässig in wirtschaftlich schwierigen Zeiten – Mag. Philipp Oblinger
Sie benötigen rechtlichen Beistand in einem gerichtlichen Schuldenregulierungsverfahren oder haben weitere Fragen im Insolvenzrecht? Vertrauen Sie auf die langjährige Erfahrung von Rechtsanwalt Mag. Philipp Oblinger. Als Insolvenzverwalter und Schuldnervertreter unterstützt Mag. Oblinger sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen. Kontaktieren Sie die Rechtsanwaltskanzlei und vereinbaren Sie einen Termin für eine professionelle Rechtsberatung. Weitere Kontaktdaten sowie Informationen finden Sie auf dem Profil von Rechtsanwalt und Experte im Insolvenzrecht, Mag. Philipp Oblinger, auf anwaltfinden.at.