Anwaltfinden.at: Herr Dr. Goldsteiner, können Sie sich und Ihren beruflichen Werdegang kurz vorstellen?
Sehr gerne! Mein Name ist Ernst Goldsteiner. Ich habe an der Universität Wien Rechtswissenschaften studiert und zum Doktor promoviert. Mit meiner Kanzlei Goldsteiner Rechtsanwalt GmbH übe ich in Wiener Neustadt seit über 30 Jahren den Beruf des Rechtsanwaltes aus und das überaus gerne! Dabei ist die Beratung in Scheidungs- und Familienrechtsangelegenheiten zu einem Schwerpunkt meiner rechtsanwaltlichen Tätigkeit geworden.
Anwaltfinden.at: Heute sprechen wir über das strittige Scheidungsverfahren. Wie wichtig ist es hierbei, sich von einem Anwalt vertreten zu lassen?
Sehr wichtig! Die Scheidung der Ehe ist aus meiner Sicht ein oftmals bedeutendes Projekt, welches der*die Klient*in in der Regel nur einmal im Leben hat. Es gilt, die Grundlagen für den weiteren Lebenslauf nach der Scheidung existenziell zu sichern. Das Regelwerk des Eherechtes ist mittlerweile sehr komplex geworden und nur der*die Rechtsanwalt*Rechtsanwältin kann auf die Vorteile, aber auch auf die Gefahren dieser Rechtslage hinweisen. Statistische Untersuchungen zeigen eine steigende Scheidungshäufigkeit der geschlossenen Ehen. Im Rahmen meiner täglichen Beratungstätigkeiten im Scheidungsrecht stelle ich jedoch immer häufiger fest, dass ein immenser Aufklärungs- und Beratungsbedarf besteht.
Dabei sind besonders Frauen oft eingeschüchtert, fremdbestimmt durch den Einfluss Ihres Mannes und ahnungslos über ihre Rechte im Gesetz. Im Zuge meiner Beratung höre ich dann mehrfach die Aussage: „Aber mein Mann hat gesagt…“. Mir ist es in meiner anwaltlichen Tätigkeit stets ein Anliegen beide Seiten umfassend und transparent aufzuklären und gebe insbesondere Frauen neben der rechtlichen Beratung auch die Empfehlung psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dies vor allem zur Stärkung des Selbstbewusstseins, welches in der Regel sehr verletzt ist. Aber auch auf der Seite des Mannes fehlt oft das Wissen über Rechte und Pflichten. Bei der Ehescheidung sind viele Männer immer noch überrascht und irritiert, wenn die mögliche Verpflichtung zur Zahlung des Ehegattenunterhalts bei verschuldeter Zerrüttung der Ehe zur Sprache kommt. Es ist daher anzumerken, dass die Notwendigkeit der Beratung durch eine*n Rechtsanwalt*Rechtsanwältin im Familien- und Ehe/Scheidungsrecht heutzutage brandaktuell und sehr wichtig ist.
Anwaltfinden.at: Welche Voraussetzungen müssen bestehen, um eine Scheidungsklage einreichen zu können? Benötigt es dafür das Verschulden eines Ehepartners?
Zunächst sei vorwegzunehmen, dass das Verschulden eines Ehepartners nicht unbedingt für die Scheidung der Ehe gefordert ist. Das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe ist jedoch ein zentraler Moment bei dem strittigen Scheidungsverfahren, welches mittels einer Scheidungsklage eingeleitet wird. Bei einer einvernehmlichen Scheidung nach dem § 55a Ehegesetz ist ein Verschulden nicht gefordert. Bei Einreichung der Scheidungsklage, also abseits dieses Einvernehmens, muss ein Verschulden des Ehepartners behauptet und tunlichst bewiesen werden.
Das Scheidungsrecht in Österreich steht noch immer auf zwei Grundpfeilern; bildlich gesprochen quasi wie eine Brücke. Der eine Brückenpfeiler ist das Verschulden und der andere Brückenpfeiler ist die Zerrüttung der Ehe. Das Gericht hat zunächst in einem strittigen Scheidungsverfahren zu prüfen, ob die Ehe zerrüttet ist. Wenn sie zerrüttet ist – bei Einreichung der Scheidungsklage ist das in fast 100 Prozent der Fälle der Fall – prüft das Gericht den zweiten Brückenpfeiler und somit das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe.
Die Verschuldenstatbestände sind im Gesetz durch den Gesetzgeber kodifiziert. Dabei geht es nicht nur um die markanten Eheverfehlungen, wie Untreue oder Gewalt während der Ehe. Eheverfehlungsgründe sind all jene, die mit der sittlichen und ethischen Moralvorstellung unserer Gesellschaft im Leben zweier Partner miteinander und zueinander nicht vereinbar sind.
Bei einer einvernehmlichen Scheidung nach dem § 55a Ehegesetz prüft das Gericht das Verschulden nicht, es ist lediglich eine Trennung von 6 Monaten gefordert. Ferner muss ein Einvernehmen über das Kindschaftsrecht, das Ehegattenunterhaltsrecht sowie über die Aufteilung des Vermögens bestehen.
Sind die Ehepartner bereits drei Jahre voneinander getrennt, kann auf diesem Tatbestand eine Scheidungsklage gegründet werden. In diesem Fall wäre die Ehe zu scheiden, außer das Gericht prüft eine Härteklausel, wenn dem Einen die Scheidung mehr trifft als dem Anderen die Aufrechterhaltung der Ehe. Denn dann kann auch nach einer dreijährigen Trennung das Gericht beschließen, die Scheidungsklage abzuweisen. Anschließend müsste man 6 Jahre warten; erst dann ist die Ehe in jedem Fall zu scheiden und die Prüfung der Härteklausel bleibt aus.
Anwaltfinden.at: Wo reiche ich die Scheidungsklage ein und was für Punkte muss die Klageschrift beinhalten?
Die Scheidungsklage bringt der*die Rechtsanwalt*Rechtsanwältin bei jenem Bezirksgericht des jeweiligen Bezirkssprengel ein, in welchem der letzte gemeinsame Aufenthalt der beiden Ehepartner war. Hier kann die Scheidungsklage in der Regel noch kurzgehalten werden, wesentliche Inhalte müssen aber darin enthalten sein. Wichtig zu wissen ist, dass es bei der Einreichung der Scheidungsklage kein Rechtsanwaltszwang besteht.
Als Anwalt habe ich es mir im Rahmen der Klageeinreichung zur Übung gemacht, nicht das gesamte Öl ins Feuer zu gießen, wie es so schön sprichwörtlich heißt. Die Scheidungsklage sollte kurz und prägnant gehalten werden, um die Tür für Gespräche offenzuhalten. Klar ist, dass man hiermit das Scheidungsverfahren und somit die Auflösung der Ehe einleitet. Jedoch sollte ein gewisses Gesprächsklima erhalten bleiben, um den Partnern die Möglichkeit zum Reden zu gewähren, sodass es eventuell rasch und sittlich zu einer einvernehmlichen Scheidung kommt.
Anwaltfinden.at: Kann die Klage auch mündlich eingereicht werden?
Natürlich kann jedes Eheteil auch ohne die Konsultation eines*r Rechtsanwaltes*Rechtsanwältin zu Gericht gehen, um anzukündigen, eine Scheidungsklage einreichen zu wollen. Hierbei muss der*die Klient*in direkt bei Gericht vorsprechen und ersuchen, eine Scheidungsklage zu Protokoll zu geben. Der*die zuständige Richter*in nimmt anschließend die Klage zu Protokoll. Hier sind die relevanten Statusangaben aufzunehmen, wie der Name, die Heiratsurkunde, das Heiratsdatum, die Dauer der Ehe und allfälliges Verschulden, welches behauptet wird.
Ich empfehle jedoch stets, die Scheidung durch einen Rechtsvertreter bei Gericht einbringen zu lassen. Es ist nämlich zu beachten, dass die mündlich protokollierte Scheidungsklage dem anderen Ehepartner zugestellt wird; mit einem möglichen Gerichtstermin. Erscheint der geklagte Ehepartner zu diesem Termin mit einem*r Rechtsanwalt*Rechtsanwältin, steht der Kläger ohne Rechtsanwalt*Rechtsanwältin recht schnell allein da. Die Folge: Eine Waffengleichheit ist bereits zu diesem Zeitpunkt gestört.
Anwaltfinden.at: Muss ich für das Einreichen der Scheidungsklage eine gewisse Frist beachten?
Ja, das muss man unbedingt! Meines Erachtens – und das zeigt auch meine Erfahrung – ist es gar nicht allgemein bekannt, dass der Gesetzgeber hier eine Frist von 6 Monaten kodifiziert hat. Nach Ablauf von 6 Monaten kann eine Eheverfehlung verjährt oder verziehen sein. In diesem Fall prüft das Gericht gar nicht mehr die Eheverfehlung.
Zur Veranschaulichung hier ein kleines Beispiel: Geht der Ehepartner fremd, kann es sich beispielsweise um ein einmaliges Vergehen handeln. Wird die Scheidungsklage nach dem Vergehen nicht innerhalb der nächsten 6 Monate eingereicht, kann die Eheverfehlung nach 6 Monaten verjähren und somit nicht mehr zur Scheidung der Ehe führen. Setzt sich jedoch diese Eheverfehlung fort, prolongiert das den Ablauf der Verjährungsfrist. Die Frist beginnt erst dann 6 Monate zu laufen, nachdem die ehewidrige Beziehung aufhört.
In der Regel ist der Gesetzgeber mit Fristen sehr streng. Die 6-monatige Frist sollte man daher bitte immer beachten. Es ist zu empfehlen, raschestmöglich die Klage einzubringen.
Anwaltfinden.at: Durch die Scheidungsklage wird das Scheidungsverfahren eingeleitet. Wie laufen nun die weiteren Verhandlungen ab?
Die Scheidungsklage wird dem Ehepartner zugestellt. Gleichzeitig wird ein Scheidungstermin anberaumt, zu dem man tunlichst mit Rechtsvertretung erscheinen sollte. Das Gericht versucht zunächst außerprotokollarisch zu klären, ob die Ehe unheilbar zerrüttet ist oder ob eine Chance zur Wiederherstellung der Ehe besteht.
Aus meiner langjährigen Tätigkeit als Anwalt kenne ich noch den sogenannten Versöhnungsversuch. Dabei hat der Gesetzgeber aufgetragen, in der ersten Verhandlung überhaupt nur Versöhnungsversuche zu führen. Hier bestand die Tendenz darin, die Ehe wieder herzustellen bzw. aufrechtzuerhalten. Diesen Versöhnungsversuch gibt es heute jedoch nicht mehr. Trotzdem bemüht sich der*die Richter*in in den ersten Verhandlungen ein Gesprächsklima herzustellen.
Die Familienrichter sind in der Regel wirklich gut ausgebildet und versuchen ein geordnetes Gespräch zu führen und abzuklären, ob eine Zerrüttung besteht oder eine Wiederherstellung der Ehe möglich ist. Wenn nicht, versucht das Gericht Einvernehmensgespräche einzuleiten, damit rasch und fair eine einvernehmliche Scheidung herbeigeführt werden kann.
Anwaltfinden.at: Was passiert, wenn zwischen den Ehegatten keine Einigung erzielt werden kann? Wie kommt es in diesem Fall zu einem Urteil?
Die Frage der Einigung ist immer zentral im Fokus. Daraufhin haben auch die Gerichte und die Rechtsvertretungen hinzuwirken. Besteht Einigung zwischen den Ehepartnern über die Scheidungsfolgen, bietet sich während Einbringung der Scheidungsklage und auch während des gesamten Scheidungsverfahrens die einvernehmliche Scheidung nach § 55a Ehegesetz an. Gleich in welchem Stadium der Scheidung das strittige Scheidungsverfahren sich befindet, kann bis zum Schluss der Verhandlung noch immer eine einvernehmliche Scheidung herbeigeführt werden.
Die Einigung über die Scheidungsfolgen muss drei Punkte erfüllen:
- Die Obsorge und Kontakt zu den Kindern,
- Ehegattenunterhalt und eine Ehegattenunterhaltsverpflichtung,
- sowie die Vermögensaufteilung.
Besteht eine Einigung, wird die Ehe im Einvernehmen geschieden. In diesem Fall kommt es nicht zu einem Urteil im Namen der Republik. Kommt es jedoch zu einem Urteil, weil keine Einigung hergestellt werden konnte, spricht das Gericht das Verschulden aus. Ist bis zum Schluss der Verhandlung kein Einvernehmen zu erzielen, wird die Ehe mit Beschluss geschieden; d.h. mit einem Vergleich, den die Ehepartner über die drei Punkte, jene ich vorhin erwähnt habe, schließen.
Anwaltfinden.at: Gibt es mögliche Fallstricke bei der Einreichung der Scheidungsklage, die viele nicht bedenken?
Der gefährlichste Fallstrick ist, eine Ehescheidungsklage überhaupt erst einzubringen. Auch das kann schon ein Schritt in die Falle sein. Liegt die Voraussetzung für die Scheidung der Ehe vor, empfiehlt es sich oftmals – vor allem für die Frau – die Scheidungsklage nicht einzubringen. Das klingt im ersten Moment vielleicht etwas rätselhaft, ist es aber nicht. Der Gesetzgeber hat für Frauen eine besondere, privilegierte Form der Ehescheidung kodifiziert.
Das betrifft Frauen bzw. deren Ehen, die drei Voraussetzungen erfüllen:
- Die Ehe hat mindestens 15 Jahre angedauert.
- Die Ehefrau hat das 40. Lebensjahr erreicht.
- Es gibt eine dreijährige Trennung vom ehelichen Leben.
Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der Frau dringend zu empfehlen, die Ehescheidungsklage nicht einzubringen, denn sonst verliert die Frau ihre gesetzlichen Privilegien, wie etwa den Anspruch auf Witwenpension nach dem Tod des Mannes oder den vollen Ehegattenunterhaltsanspruch bei Verschulden des Mannes. Gleichzeitig verwirft der Gesetzgeber den Einwand des Ehemannes, die Frau möge eine Beschäftigung nachgehen, um den Unterhaltsanspruch, den sie gegenüber dem Mann hat, zu mindern.
In so einem Fall ist die Scheidungsklage abzuwarten bis der Ehemann die Scheidungsklage einbringt oder bis die Anwälte eine paktierte Scheidung unter Wahrung der Rechte der Frau konzipieren. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist die Beiziehung eines*r Rechtsanwaltes*Rechtsanwältin dringend geboten.
Anwaltfinden.at: Sie sind Rechtsanwalt und Experte im Familienrecht. Wie können Sie Mandanten bei der Einbringung einer Scheidungsklage rechtlich behilflich sein?
Als Rechtsanwalt kenne ich mich genauestens mit dem Gesetz aus und führe meine Klienten an das richtige Ziel. Meine Tätigkeit kann man sich bildlich mit beispielsweise der Rolle des Bergführers vorstellen. Ich nehme meine Klienten bei der Hand, kleide sie mit dem notwendigen Werkzeug aus, damit eine gute Vorbereitung gesichert ist, und erarbeite in gemeinsamer Zusammenarbeit ein Ziel: Den Gipfelsieg!
Dabei geht es nicht immer nur um Fachwissen! Eine gewisse Vertrauensbasis zwischen Rechtsanwalt und Klientschaft aufzubauen, ist für eine gute Beratung und Betreuung das A und O. Mein Interesse liegt selbstverständlich darin, die Scheidung erfolgreich und bestmöglich im Sinne der Klienten umzusetzen.
Ihr Ansprechpartner bei Scheidungen – ob strittig oder einvernehmlich: Familienrechtsexperte Dr. Ernst Goldsteiner
Sind Sie sich mit Ihrem Ehepartner über eine Scheidung nicht einig, kann die Ehe mithilfe einer Scheidungsklage aufgelöst werden. Hierfür benötigt es jedoch einige Voraussetzungen, die für den Rechtslaien mitunter recht komplex werden können. Es ist daher stets empfehlenswert, sich an einen erfahrenen Rechtsanwalt im Scheidungsrecht zu wenden, welcher Sie kompetent in Ihrem individuellen Anliegen vertritt. Dr. Ernst Goldsteiner berät Sie gerne in seiner Kanzlei in Wiener Neustadt, wenn es darum geht, Sie über Ihre Rechte und Pflichten im Zuge einer strittigen Scheidung aufzuklären. Mehr Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Dr. Ernst Goldsteiner auf anwaltfinden.at.