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Insolvenzverfahren umgehen durch Unternehmenssanierung: Hilfreiche Tipps und Infos

Dr.-Christoph-Sauer-Kanzleigebäude-Krems
Bei Liquiditätsschwierigkeiten innerhalb eines Unternehmens besteht oft die Möglichkeit einer Sanierung. Ob vor dem oder mitten im Insolvenzverfahren – durch verschiedene Maßnahmen kann versucht werden, das Unternehmen zu retten. Dr. Christoph Sauer ist Rechtsanwalt in Krems und auf das Insolvenzrecht spezialisiert. Er hat bereits zahlreiche Firmenrettungen begleitet. Im Interview erklärt Dr. Christoph Sauer, welche Optionen Unternehmen puncto Sanierung haben und wie sie am besten vorgehen können.

anwaltfinden.at: Herr Dr. Sauer, bitte stellen Sie sich unseren Usern kurz vor.

Ich bin Rechtsanwalt in Krems. In Wien habe ich Rechtswissenschaften studiert und nach meinem Studium das Gerichtsjahr absolviert. Danach war ich in renommierten Wirtschaftskanzleien als Konzipient tätig. Nach der Anwaltsprüfung bin ich selbstständiger Rechtsanwalt in Krems geworden und bin nunmehr in einer Partnerschaft mit insgesamt 6 RechtsanwältInnen. Meine Schwerpunkte liegen vor allem im Wirtschaft- und Unternehmensrecht, speziell im Insolvenz- und Sanierungsrecht.

anwaltfinden.at: Sie sind Anwalt für Unternehmensrecht und unter anderem auf Insolvenzen spezialisiert: Welches Know-how ist hier besonders wichtig?

Das Besondere am Insolvenzrecht ist, dass es sich um eine Querschnittsmaterie handelt. Das heißt, einerseits ist solides Wissen im Insolvenzrecht selbst notwendig, andererseits werden viele andere Rechtsbereiche berührt. Im Rahmen einer Insolvenz ergeben sich oft auch zivilrechtliche Streitigkeiten, verwaltungsrechtliche oder arbeitsrechtliche Themen kommen auf. Rein rechtlich werden in der Insolvenzabwicklung also viele Bereiche umfasst. Meines Erachtens ist weiters wichtig, einen praktischen Zugang zu der Materie zu haben. Ein Anwalt darf sich hier nicht nur auf rechtliche Bestimmungen und Gesetze beschränken, sondern muss auch stets auch das eigentliche wirtschaftliche Ziel vor Augen haben, um die bestmögliche Abwicklung und das ideale Ergebnis für den Klienten zu erreichen.

anwaltfinden.at: Was wird unter „Unternehmenssanierung“ verstanden?

Ein Unternehmen hat dann Sanierungsbedarf, wenn es in eine wirtschaftliche Schieflage gerät. Darunter kann grundsätzlich verstanden werden, dass ein Unternehmen ernsthafte Liquiditätsschwierigkeiten hat. Wenn also die Verbindlichkeiten nicht bzw. nicht zeitgerecht bezahlt werden können, wird von einem Sanierungsbedarf gesprochen. Das kann sich natürlich auch verschärfen. Es gibt verschiedene Eskalationsstufen einer Krise. Die Unternehmenssanierung als solche ist der Versuch, durch unterschiedliche Maßnahmen diese Krise zu überwinden. Die Firma soll wieder auf die Bahn gebracht werden, damit sie ihre Verpflichtungen und den Unternehmenszweck erfüllen kann.

anwaltfinden.at: Ab welchem Zeitpunkt sollte eine solche Sanierung in Erwägung gezogen werden?

Das ist ein heikles Thema. Oft spricht man von fünf Stufen einer Krise, von der Liquiditätskrise bis hin zur Insolvenzsituation. Wir als Anwälte stellen fest, dass die Klienten meistens erst dann zu uns kommen, wenn die Krise bereits verschärft ist. Im Rückblick wäre es dann schön gewesen, früher beigezogen worden zu sein. Das passiert jedoch oft aus den unterschiedlichsten Gründen nicht. Es kommt vor, dass Unternehmen die Krise nicht erkennen bzw. nicht erkennen wollen. Hier ist es immer wieder eine dritte Partei, die die Ernsthaftigkeit der Situation vor Augen führt. Oft sind das Steuerberater oder die Hausbank. Anhand von Kontoentwicklungen bemerken diese, dass Kennzahlen erreicht wurden, die eine Krise aufzeigen.

In meiner Erfahrung lassen sich Klienten häufig erst zu einem Zeitpunkt beraten, zu dem ein Insolvenzverfahren kaum mehr vermeidbar ist. Die Sanierung sollte bestenfalls so früh wie möglich in Erwägung gezogen werden. Sobald es nicht mehr so läuft, wie es sollte, ist eine Konsultation mit einem Anwalt oder Steuerberater empfehlenswert. Vielleicht zeigt sich dann, dass die Situation lösbar ist. Zu früh kann man sich nicht mit seinem Anwalt in Verbindung setzen – zu spät allerdings schon.

anwaltfinden.at: Welche rechtlichen Möglichkeiten hat ein Unternehmer und welche sonstigen Maßnahmen kann er hier setzen?

Solange das Unternehmen sich in einem Stadium befindet, in dem sich das Insolvenzverfahren noch vermeiden lässt, geht es weniger um rechtliche Maßnahmen. Vielmehr wird versucht, mit den Gläubigern einen Konsens zu finden. Unter anwaltlicher Intervention hat das durchaus gute Aussichten. Mit den Gläubigern wird auch unter Darstellung der Gesamtsituation versucht, bspw. Zahlungserleichterungen, Stundungen, Ratenvereinbarung, vergünstigte Abschlagszahlungen oder eine Kombination des Ganzen zu schaffen. Somit wird alles versucht, um Liquidität im Unternehmen herzustellen.

Weiters können auch innerhalb des Unternehmens Optimierungsmaßnahmen gesetzt werden, um auf eigener Seite die Zahlungsfähigkeit zu steigern. Zum Beispiel wird evaluiert, ob ein gutes Forderungsmanagement vorhanden ist. Es kommt immer wieder vor, dass Forderungen nicht ausreichend betrieben werden und mit Maßnahmen zu lange gezögert wird. Es kann hilfreich sein, dieses Management neu zu strukturieren und straffer zu organisieren. Auch kann betrachtet werden, ob der Personalstand sinnvoll und zweckmäßig ist. Oft ist weiters die Lagerwirtschaft ein Problem. Die Betrachtung und Analyse von dritter Seite sind hier von großem Vorteil. Auf diese Weise können Maßnahmen gefunden werden, die die Situation verbessern.

Aus rechtlicher Sicht kann etwa untersucht werden, ob gewisse Forderungen überhaupt (teilweise) zu Recht bestehen. Es können Prozesse geführt werden, um unrichtige Forderungen zu bekämpfen. Letztlich ist dann das Insolvenzverfahren selbst natürlich ebenso eine rechtliche Maßnahme.

anwaltfinden.at: Unternehmenssanierung – Wie läuft eine Firmenrettung ab?

Zuerst wird das Unternehmen analysiert und die passenden Maßnahmen ergriffen. Einen generellen Zeitraum gibt es hier nicht – das hängt vom jeweiligen Szenario ab. Zum Beispiel: Ein Unternehmen kämpft in erster Linie mit der Bank. Hier gibt es also nur einen Gläubiger, mit dem es Schwierigkeiten gibt. Ein Anwalt kann mit diesem ein Lösungspaket verhandeln und mitunter ist die Sache in einigen Wochen erledigt.

Langwieriger wird es, wenn die Anzahl der Gläubiger größer ist. Das liegt vor allem am Gleichbehandlungsgebot der Gläubiger. Wer grundsätzlich außergerichtliche Lösungen finden möchte, aber schon materiellrechtlich insolvent ist, muss alle Gläubiger gleichbehandeln. Das heißt, allen muss derselbe Vorschlag unterbreitet werden und nur, wenn alle einverstanden sind, kann diese gemeinschaftliche Lösung umgesetzt werden. Ausnahme: Wenn einzelne Gläubiger zustimmen, schlechter behandelt zu werden, müssen diese nicht dieselben Konditionen erhalten. Dementsprechend gibt es bei einer Vielzahl von Gläubigern auch einen großen Verhandlungsaufwand, der viel Zeit beansprucht. Mitunter wird auf solche Vorschläge nicht eingegangen und diese müssen immer wieder vorgebracht werden. Daher kann nicht generalisiert werden, wie der Zeitrahmen aussieht.

anwaltfinden.at: Das Insolvenzverfahren läuft bereits. Wie kann ich mein Unternehmen noch retten?

Allgemein gilt: Das Insolvenzverfahren hat in den letzten Jahrzehnten durch zahlreiche Rechtsänderungen eine sehr positive Entwicklung genommen. Das liegt vor allem daran, dass sich der Sanierungsgedanke verstärkt und fast schon durchgesetzt hat. In unserem Sprachgebrauch verstehen wir unter „Insolvenz“ oftmals, dass es finanziell zu Ende ist. Das ist zunächst nicht der Fall. Die Insolvenzordnung sieht auch vor, dass ein bestellter Insolvenzverwalter immer primär die Sanierung und somit Rettung des Unternehmens prüfen muss. Natürlich ist bei manchen Verfahren von Anfang an klar, dass das nicht möglich ist. Der Sanierungsgedanke steht dennoch an erster Stelle.

Im Insolvenzverfahren wurden bewusst neue Begriffe etabliert, um diese Unterscheidungen aufzuzeigen. Der Oberbegriff ist das Insolvenzverfahren, aber hier bestehen zwei Abzweigungen. Einerseits gibt es das typische Konkursverfahren, das nichts anderes als ein Zerschlagungsverfahren ist. Das Unternehmen wird somit liquidiert, allfällige Vermögenswerte verwertet und jeder Gläubiger erhält eine gleichteilige Quote. Andererseits gibt es das Sanierungsverfahren, bei dem das Unternehmen fortgeführt wird. Dies erfolgt durch den Insolvenzverwalter, der dann auch Sanierungsverwalter genannt wird. Dies dauert einige Monate. Dann unterbreitet der Schuldner seinen Gläubigern einen Sanierungsplan, der eine Quote vorsieht. Diese Quote muss mindestens 20 % betragen. Über den Plan wird abgestimmt. Falls er mehrheitlich angenommen wird, hat der Schuldner zwei Jahre Zeit, diese Quote zu bezahlen. Mehrheitlich versteht in diesem Zusammenhang eine Kopf- und Kapitalmehrheit. Wenn die Quote fristgerecht bezahlt wird, tritt die Restschuldbefreiung ein. Die ganzen Lasten sind somit erledigt und das Unternehmen ist saniert.

Beim Sanierungsverfahren selbst gibt es schließlich auch wieder zwei Abzweigungen. Dieses kann mit oder ohne Eigenverwaltung ablaufen. Bei einem Verfahren ohne Eigenverwaltung erhält das Unternehmen einen Insolvenzverwalter, der alle rechtlichen Kompetenzen vereinigt und sozusagen alleiniger Geschäftsführt wird. Beim Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung gibt es zwar auch einen Sanierungsverwalter, dieser hat aber nur eine Aufsichtsfunktion und das Tagesgeschäft wird von der bisherigen Geschäftsführung alleine vorgenommen. Ein wesentlicher Unterschied liegt außerdem in der Mindestquote, die den Gläubigern vorgeschlagen werden muss. Ohne Eigenverwaltung beträgt diese die bereits genannten 20 %, mit Eigenverwaltung sind es 30 %. Hier muss auch betont werden, dass dies eine Mindestquote ist und die Gläubiger den Vorschlag nicht zwingend annehmen müssen. Es kann auch zu einer Erhöhung der Quote kommen. Die Gläubiger werfen einen Blick auf das Alternativszenario, die Zerschlagung des Unternehmens. Dann werden zum Beispiel Lager oder Liegenschaften verkauft und dadurch potenziell Gewinn generiert. Die daraus zu erwartende Quote wird mit der Sanierungsquote verglichen und das bildet ein maßgebliches Kriterium, ab welchem Prozentsatz die Gläubiger zustimmen.

anwaltfinden.at: Wer trägt die Kosten im Insolvenzverfahren?

Im Laufe eines Verfahrens entstehen Kosten für den Insolvenzverwalter, das Gericht und die Gläubigerschutzverbände. Diese Kosten müssen zusätzlich zur Quote und sehr zeitnah zum Abschluss des Verfahrens vom schuldnerischen Unternehmen getragen werden.

anwaltfinden.at: Wie können Sie als Anwalt in dieser schwierigen Situation helfen?

Der Schuldnervertreter übernimmt eine sehr umfassende Rolle und begleitet durch das gesamte Verfahren. Das beginnt mit den einleitenden Schritten vor dem Verfahren. Hier wird eine Analyse des Unternehmens durchgeführt und geprüft, welche Variante am besten geeignet ist. Falls der nächste Schritt ein Insolvenzverfahren sein soll, dann wird dieses erst gründlich vorbereitet. Der Insolvenzantrag als solcher ist kompliziert, weil bestimmte Inhaltserfordernisse gelten und er entsprechend gestaltet und formuliert werden muss. Von der konkreten Ausgestaltung abhängig ist auch, ob es ein Konkurs oder ein Sanierungsverfahren werden soll. Gerade im Sanierungsverfahren ist ein Schuldner gut beraten, einen soliden Eröffnungsantrag zu stellen. Damit werden den Gläubigern und dem Gericht von Anfang an alle notwendigen Informationen gegeben und die notwendige Transparenz hergestellt. Das ist einer der ersten und wesentlichen Aufgaben eines Schuldnervertreters.

Hierzu kommt der Kontakt mit dem Sanierungsverwalter, aber auch mit den Gläubigern in Vorbereitung der Abstimmung über einen Sanierungsplan. Außerdem nimmt der Vertreter an allen Insolvenztagsatzungen teil. Das sind grundsätzlich die Kerntätigkeiten. Zu jeder Zeit können allerdings unerwartete Probleme auftreten, die der Anwalt lösen muss.

anwaltfinden.at: In Ihrer Erfahrung: Welche Fallstricke kommen bei der Sanierung (fast) insolventer Unternehmen oft vor?

Fallstricke sehe ich dann, wenn die Insolvenzordnung nicht ausreichend geläufig ist. Das Insolvenzrecht wirft einige Besonderheiten auf und birgt somit ein gewisses Risiko. Das kann arbeitsrechtliche Aspekte betreffen oder es handelt sich um spezielle Regelungen in Bezug auf Vertragsbeendigungen. Daher ist es unumgänglich, für einen erfolgreichen Verlauf die ganze Systematik im Insolvenzverfahren gut zu kennen. Ansonsten kann hier einiges schiefgehen.

anwaltfinden.at: Ich stehe kurz vor der Insolvenz und weiß nicht, wie es weitergehen soll. Welchen Tipp können Sie mir mitgeben?

Mein Tipp: Lassen Sie sich bei einem auf Insolvenzrecht spezialisierten Rechtsanwalt beraten. Das sage ich ernst gemeint und ohne Eigennutz. Wer anwaltlich vertreten ist, kann fast alles an den Anwalt auslagern und sich viele Sorgen nehmen lassen, gerade in einer derart belastenden Situation hat das einen immensen Wert. Jeder kann nach einer Erstberatung entscheiden, ob er sich tatsächlich vertreten lassen will. Aber gerade unternehmerische Insolvenzverfahren sind ohne anwaltliche Begleitung für die Betroffenen eine wirkliche Herausforderung.

Kompetent, ambitioniert & unterstützend – Dr. Christoph Sauer berät auch Sie bei der Sanierung Ihres Unternehmens!

Sie haben weiterführende Fragen zum Thema Unternehmenssanierung? Sie ziehen selbst eine Firmenrettung in Erwägung und sind auf der Suche nach dem richtigen Ansprechpartner? Oder Sie haben andere Anliegen im Unternehmensrecht? Rechtsanwalt Dr. Christoph Sauer und seine spezialisierte Kanzlei in Krems bietet auch Ihnen gerne ein klärendes Erstgespräch an. Weitere Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Dr. Christoph Sauer auf anwaltfinden.at.

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