anwaltfinden.at: Herr Dr. Kirschner, könnten Sie sich unseren Usern kurz vorstellen?
Ich stamme aus Buchkirchen bei Wels. Mein Vater war bereits Strafverteidiger, weshalb auch ich in Linz Rechtswissenschaften studiert habe. Über Umwege als Universitätsassistent und Richter bin ich letzten Endes doch wieder in der Anwaltschaft gelandet und führe nun meine Anwaltskanzlei in Wels.
anwaltfinden.at: Das Strafrecht ist ein sehr breites Gebiet. Sie als Strafrechtsexperte haben in diesem Bereich viel Erfahrung gesammelt. Was sind Fälle bzw. Thematiken, mit denen Sie in Ihrer Tätigkeit regelmäßig konfrontiert werden?
Die häufigsten Gründe für Strafverfahren sind sicher Drohungen, Suchtmittel und fahrlässige bzw. vorsätzliche Körperverletzungen. Auch Fälle im Hinblick auf Stalking, Sexualdelikte, Betrug, Diebstahl, andere Vermögensdelikte und Urkundenfälschungen kommen vor, stehen aber seltener auf der Tagesordnung.
anwaltfinden.at: Wenn Sie Ihr Interesse für das Strafrecht in drei Worten begründen müssten, welche drei Worte wären es?
Aus Prinzip dagegen.
anwaltfinden.at: In Österreich gilt die Urkundenfälschung als Straftat und nicht nur als Kavaliersdelikt. Was fällt alles unter Urkundenfälschung und wie definiert sie sich?
Was ich sehr interessant finde: Es ist nicht verboten Fälschungen herzustellen. Verboten ist es erst dann, wenn man die Absicht hat, die Fälschung als Beweis zu nutzen. Jedoch wird einem niemand Glauben schenken, dass der gefälschte Führerschein nur zum Spaß hergestellt wurde. Fälschungen tauchen immer auch erst dann auf, wenn sie beispielsweise bei der Polizeikontrolle, einer Behörde oder einem Zivilrechtsstreit vorgelegt werden.
Unterschieden wird hier zwischen besonders geschützten und nicht besonders geschützten Urkunden. Überalldort, wo man sich darauf verlässt, dass das vorgelegte Dokument auch stimmt und der Beweis, den eine Urkunde bietet, echt ist, spricht man von einer besonders geschützten Urkunde. Diese Art der Fälschungen zieht deshalb auch besonders hohe Strafen nach sich. Dazu zählt auch die Begutachtung bzw. das sogenannte „Pickerl“, das für Autos oder Mopeds ausgestellt wird. Man kann sagen, dass alles was interessant wäre zu fälschen, besonders hohe Strafen nach sich zieht. Eine Fälschung einer nicht besonders geschützten Urkunde kommt sehr selten vor – dazu zählen beispielsweise Kaufverträge für Autos oder eine Deckungs- bzw. Haftungserklärung im Asylverfahren.
anwaltfinden.at: Welche rechtlichen Folgen können auf mich zukommen, wenn ich bei mit einem gefälschten Dokument erwischt werde? Und wie sieht das Strafmaß aus?
Normale Urkundenfälschung ist mit einem Jahr Freiheitsstrafe oder 720 Tagessätzen Geldstrafe bedroht. Wenn mit einer Fälschung eine Staatsbürgerschaft oder eine öffentliche Leistung erschlichen wurde, kann es gravierendere Folgen haben, wie zum Beispiel die Aberkennung der Staatsbürgerschaft. Wenn jemand einen Vermögensnachteil erlitten oder man versucht hat, sich zu bereichern, ist das Urkundenbetrug, woraufhin einem, unabhängig vom Schaden, bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe drohen.
anwaltfinden.at: Es ist bekannt, dass die Fälschung von Reisepässen oder Geburtsurkunden hohe Strafen nach sich ziehen kann. Was sind ungewöhnliche Urkundenfälschungen, die Ihnen schon einmal untergekommen sind?
Ganz genau, bei sogenannten öffentlichen Urkunden und bei Testamenten drohen zwei Jahre Freiheitsstrafe. Ein ungewöhnlicher Fall ist mir untergekommen, als ich als Strafrichter tätig war. Ein Asylwerber hatte einen Führerschein, auf dem auf der Vorderseite bereits ein Schreibfehler bei dem französischen Wort für Führerschein – „permis de conduire“ – aufzufinden war. Seine Geschichte fand ich so gut, dass ich ihn freigesprochen habe. Als Verteidiger hatte ich eine Klientin, die ein Testament ihres Mannes erfunden hat. Es war wirklich schlecht gemacht und es war sehr einfach zu erkennen, dass die Unterschrift nicht jene des verstorbenen Gatten war. Trotzdem wurde beim Verlassenschaftsverfahren dies zu Beginn gar nicht überprüft, weshalb das Testament anfangs als echt gegolten hat.
anwaltfinden.at: Schüler oder Studenten fälschen Schüler- bzw. Studentenausweise, um billiger mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können oder Alkohol kaufen zu können. Welche rechtlichen Folgen könnten auf sie zukommen?
Sobald es sich beim angeblichen Aussteller einer Urkunde um eine Behörde oder eine Person mit teils behördlichen Befugnissen handelt, gilt das Dokument als öffentliche Urkunde. Für minderjährige Schüler ist der Strafrahmen allgemein niedriger, sodass man hier eine Diversion erreichen kann – also eine reine Probezeit oder gemeinnützige Leistungen und keine Strafe. Befindet man sich in der Altersgruppe 18 bis 21 Jahre gilt man als junger Erwachsener und im Normalfall wollen die Jugendrichter ihnen nicht die Zukunft verbauen. Verhält man sich bei dem Strafverfahren richtig, kommt man glimpflich davon.
anwaltfinden: Kann die Straftat der Urkundenfälschung verjähren?
Ja, genauso wie alle anderen Straftaten. Die Fälschung von öffentlichen Urkunden und Testamenten verjährt nach fünf Jahren. Die Fälschung anderer Privaturkunden nach drei Jahren.
anwaltfinden.at. Ein Beispiel: Eine Studentin hat einen gefälschten Schülerausweis, um billiger mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Sie wird bei einer Fahrt kontrolliert und der Kontrolleur bezichtigt sie der Fälschung. Wie soll sie sich verhalten und welche Schritte soll sie als nächstes vornehmen?
Der Kontrolleur darf ihre Identität feststellen und bei einer Weigerung oder einem Fluchtversuch die Polizei rufen. Das Weglaufen ist per se nicht strafbar, die Gegenwehr gegen einen Kontrolleur geht jedoch selten gut aus. Jeder muss selbst wissen wie er sich verhalten möchte. Ich persönlich würde mich entschuldigen und den erhöhten Fahrtkostenbeitrag und sonstige Gebühren, die der Betreiber verlangt, bezahlen. Eventuell wird der Sachverhalt dann auch nicht bei der Polizei angezeigt. Das wäre wohl die billigste Form, um davonzukommen.
anwaltfinden.at: Wie können nun Sie, als Rechtsanwalt und Experte im Strafrecht, Menschen helfen, die bei einer Urkundenfälschung erwischt wurden?
Wenn man bei einer Urkundenfälschung erwischt wird, kann ich drei Tipps geben:
- Aussage verweigern
- Aussage verweigern
- Akteneinsicht und Verteidiger beantragen
Des Weiteren ist mir wichtig, dass meine Klienten ehrlich zu mir sind und mir sagen was sie getan bzw. nicht getan haben. Dadurch kann ich einschätzen, welche Chance die Staatsanwaltschaft hat und was eine Verteidigung mit allen Mitteln kosten wird. Bestreitet der Mandant eine Urkundenfälschung, muss man ein graphologisches Gutachten beantragen. Wird man danach trotzdem verurteilt, kostet es allerdings ca. 3.000 Euro mehr. Daher sollte man bereits zu Beginn wissen, was am Ende eines Gutachtens herauskommt. Bei Ersttätern und einem fehlenden Zusammenhang mit einem Vermögensdelikt kann ein Geständnis in einem frühen Verfahrensstadium der Staatsanwaltschaft und dem Gericht viel Arbeit ersparen, was auch belohnt wird.
Dr. Lorenz Kirschner – Ihr fachkompetenter Experte im Strafrecht
Haben Sie Fragen zu strafrechtlichen Belangen? Oder stehen Sie kurz vor einer Verhandlung und benötigen eine vertrauenswürdige Rechtsvertretung? Rechtsanwalt und Strafrechtsexperte Dr. Lorenz Kirschner unterstützt und berät Sie in Ihren Belangen. Für ein persönliches Erstgespräch kontaktieren Sie seine Anwaltskanzlei in 4600 Wels. Mehr Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Dr. Lorenz Kirschner auf anwaltfinden.at.