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Vertragsverletzung – Wie kann ich dagegen vorgehen & welche Rechte habe ich?

gerichtshammer

Wird ein Vertrag zwischen den jeweiligen Vertragsparteien geschlossen, enthält dieser offenkundig – je nach Vertragstyp – leistungscharakteristische, wie aber in aller Regel auch allgemeine Pflichten, an die sich beide Seiten halten müssen. Werden Vertragspflichten im Rahmen der Vertragsabwicklung nicht eingehalten bzw. ist die im Vertrag vereinbarte Leistung mangelhaft, hat das entsprechende rechtliche Konsequenzen, für die der vertragsbrüchige Vertragspartner haftet. Von welchen Pflichtverletzungen hier die Rede ist, wann eine Vertragsstrafe zum Tragen kommt und in welchen Fällen Sie Schadenersatz bei Nichterfüllung des Vertrages einfordern können, erklärt Ihnen im folgenden Interview Vertragsrechtsexperte Rechtsanwalt Mag. Christian Sander.

Anwaltfinden.at: Herr RA Mag. Sander, möchten Sie sich kurz unseren Usern vorstellen? 

Mein Name ist RA Mag. Christian Sander. Ich bin gebürtiger Klagenfurter und habe nach dem Abschluss der Matura sowie dem Präsenzdienst das Studium der Rechtswissenschaften in Wien erfolgreich absolviert. Nach einem Jahr Gerichtspraxis samt Absolvierung diverser Prüfungen für den sogenannten richterlichen Vorbereitungsdienst habe ich mich für die Rechtsanwaltschaft entschieden und – was ich im Nachhinein als großen Vorteil in fachlicher, wie auch unternehmerischer Sicht erachte – meine anwaltliche Ausbildung in durchwegs namenhaften Wirtschaftsrechtskanzleien in 1010 Wien absolviert.

Die Rechtsanwaltsprüfung habe ich im Jahr 2012 erfolgreich abgeschlossen und seit Juli 2015 bin ich als selbständiger Anwalt tätig. Meinen Kanzleisitz habe ich mit Beginn der Pandemie aus familiären Gründen schrittweise von Wien nach Kärnten verlagert, seit 01.01.22 bin ich offiziell in der Liste der Rechtsanwälte bei der Rechtsanwaltskammer Kärnten eingetragen. Seit Mai 2022 bin ich Regiepartner der renommierten Kanzlei Todor-Kostic Rechtsanwälte GesbR, mit Sitz am Karawankenplatz 1 in 9220 Velden am Wörthersee.    

Meine Tätigkeitsschwerpunkte liegen insbesondere im allgemeinen Zivilrecht (Schadenersatz- und Gewährleistungsrecht) und streitigen Prozessrecht, mehrheitlich im Bestand- und Liegenschaftsrecht sowie Erbrecht. Weiters bin als Vertragserrichter in unterschiedlichsten wirtschaftlichen Bereichen sowie als Strafverteidiger tätig.  Letztlich berate ich häufig in Unternehmens- und Wirtschaftsrechtsfragen.

Anwaltfinden.at: Wann spricht man von einer Vertragsverletzung?

Mit einer „Vertragsverletzung“ können aus juristischer Sicht unterschiedliche Bereiche gemeint sein. Überwiegend spricht man von einer Leistungsstörung. Hiermit sind vor allem Störungen gemeint, die bei der Erfüllung oder Abwicklung eines Vertrages auftreten:

  • das Unmöglichwerden einer Leistung
  • der Verzug mit einer Leistung (betreffend bedungenen Übergabe- oder Lieferzeitpunkt)
  • die Mangelhaftigkeit einer Leistung
  • eine positive Vertragsverletzung

Von einer positiven Vertragsverletzung ist die Rede, wenn ein Schuldner, selbst wenn er die Leistung ordnungsgemäß erbringt, im Rahmen der Leistungserbringung sonstige vertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten verletzt. Als Beispiel wäre hier zu nennen, wenn ein Handwerker im Zuge der vertraglich geschuldeten Reparatur aus Ungeschick ein Werkzeug fallen lässt und so den Werksteller oder Auftraggeber schädigt.  

Grundsätzlich kann man bei vertraglich bedingten Schäden zwischen dem Mangelfolgeschaden und dem Begleitschaden unterscheiden.

Als Beispiel eines Folgeschadens wäre exemplarisch ein Tierhändler zu nennen, der verdorbenes Futtermittel liefert, und nach dem Verzehr desselben das Tier verendet. Ein Mangelfolgeschaden bezeichnet somit all jene Schäden, die durch die Mangelhaftigkeit vertraglich geschuldeter Leistungen an einer Sache bzw einem Rechtsgut entstehen.

Ein Begleitschaden wäre beispielsweise eine – trotz ordnungsgemäßer Erfüllung der Hauptleistungspflicht – Verletzung von vertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten, die aus dem Vertrag im Gesamtkontext geschuldet wird. Wenn jemand also eine vertragliche Leistung schuldet, darf der Schuldner aus dem Vertrag auch in weiterer Folge im Vermögen oder hinsichtlich anderer Rechtsgüter des Gläubigers keine Schädigungen verursachen. Auch dafür wird gehaftet!      

Anwaltfinden.at: Welche Arten von Pflichtverletzungen bei Verträgen gibt es? 

Man kann hier zwischen zwei Vertragsverletzungen unterscheiden:

  1. eine Verletzung der vertraglich geschuldeten Hauptpflicht
  2. eine Verletzung von selbständigen und unselbständigen Nebenpflichten

Bei der vertraglich geschuldeten Hauptpflicht handelt es sich um jene Pflicht, die den Vertrag inhaltlich charakterisiert. Beim Kaufvertrag bezahle ich Geld, damit ich den Kaufgegenstand erhalte. Beim Tauschvertrag gebe ich eine Sache Zug-um-Zug für den Erhalt einer anderen Sache. Wenn ich eine Wohnung miete, zahle ich dafür den Mietzins.

Hier geht es also um die Hauptleistungspflichten eines Geschäftes, die primär verhandelt und sodann vertraglich in Schriftform festgehalten werden sollten. Besteht jedoch Einigkeit über die sogenannten essentialia negotii, sprich vorgenannte vertragsbestimmenden Hauptelemente des avisierten Leistungsaustauschs und besteht auch keine sonstige Formpflicht, wird ein Vertrag an sich bereits perfekt, der Vertrag ist sohin nach Einigung über diese Hauptpunkte gültig und rechtsverbindlich.

Daneben gibt es auch die selbständigen und unselbständigen Nebenpflichten. In diesem Zusammenhang besteht im Falle einer Vertragsverletzung an sich kein Rücktrittsrecht, weil kein Austauschverhältnis existiert. Die einzige Ausnahme wäre eine dermaßen gravierende Verletzung einer solchen unselbständigen Nebenpflicht, dass an sich das gesamte Vertrauensverhältnis zum Geschäftspartner so tief erschüttert wird, und es sodann rechtlich erlaubt ist, vom gesamten Vertrag zurückzutreten, da eine weitere Bindung an den vertragsbrüchigen Geschäftspartner in weiterer Folge unzumutbar wäre. Diese Rücktrittsmöglichkeit bei Verletzung vertraglicher Nebenpflichten ist jedoch stets einzelfallbezogen zu beurteilen.

Auch der hypothetische Parteiwille ist in diesen Fällen heranzuziehen: Was hätten redliche Parteien vereinbart bzw. wie hätten sie die Verletzung einer solchen Nebenpflicht vertraglich gewichtet und geregelt?    

Als Beispiel könnte man etwa Geheimhaltungspflichten bezüglich unternehmerischen Know-hows nennen. Wenn beispielsweise sensibles Know-how eines Unternehmens im Rahmen des vertraglichen Austausches offenbart werden muss (zB Verarbeitungsprozesse, eigene Softwarekomponenten), jedoch hierauf von der anderen Vertragspartei im Wirtschaftsleben – wenn auch nur grob fahrlässig  –  selbiges Wissen publik gemacht wird, ist das Gesamtvertrauen zwischen den Unternehmern in der Regel dermaßen erschüttert, und würde folglich eine zum Rücktritt berechtigende Vertragsverletzung im Hinblick auf Nebenpflichten vorliegen.

Derartige Verstöße, welche in erkennbarer Weise den Vertragspartner nachhaltig schädigen, mögen sie auch nicht direkt mit den vertraglichen Hauptleistungspflichten zusammenhängen, berechtigen daher im Einzelfall zu einem sofortigen Vertragsrücktritt samt zulässiger Schadenersatzforderung.

Anwaltfinden.at: Wer haftet bei Vertragsverstößen?

Naturgemäß haftet immer der Verursacher für seine konkreten Verstöße gegen die seinerseits gewährten vertraglichen Zusagen. Dabei ist jedoch auch auf rezente Neuerungen im österreichischen Gewährleistungsrecht hinweisen.

Mit 01.01.22 gab es die Umsetzung des Gewährleistungsrichtlinien-Umsetzungsgesetzes (GRUG). Durch das GRUG wurden das Verbrauchergewährleistungsgesetz (VGG) eingeführt, und damit einhergehend punktuell das ABGB (und das KSchG) adaptiert. Es wird in diesem Zusammenhang neuerdings auf die objektiv erforderlichen Eigenschaften des konkreten Leistungsinhalts bzw. auf die gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften eines Vertragsgegenstandes auch gesetzlich abgestellt, was unabhängig konkreter Vertragszusagen einen Mindeststandard an geschuldeter Leistungsqualität im Verbraucherbereich garantieren soll. Freilich war dies zuvor bereits ein Grundsatz der österreichischen Rechtsprechung, jedoch ist diese gesetzliche Verankerung in einer globalisierten Welt für den EU-Raum doch begrüßenswert.

Objektiv erforderliche Eigenschaften im Vertrag

Im Hinblick auf einen Gebrauchtwagenkauf gelten nun nicht nur mehr die vertraglich vereinbarten subjektiven Eigenschaften. Die Lehre bildet in diesem Zusammenhang sogenannte Referenzgruppen. Diese sollen Aufschluss darüber geben, was für Waren gleicher Art üblich ist und einer Warenprobe oder Testversion entspricht, und was sich der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann. So fallen Neuwagen in die Referenzgruppe „neu“. Gebrauchtwagen wiederum können in keinen gemeinsamen Topf geworfen werden. Als Vergleichsmaßstab seien hier Baujahr, Laufleistung, Anzahl der Vorbesitzer, Art der Vorbenutzung und Sonderausstattung heranzuziehen. Als Referenzgruppen kommen etwa „neuwertig“, „Gebrauchs- und Altersspuren ohne konkrete Beschädigung“, „Gebrauchs- und Altersspuren mit konkreter Beschädigung“, „Unfallwagen“ oder „Totalschaden“ in Betracht.

Hat der Unternehmer keine Angaben zu alters- und gebrauchsuntypischen Mängeln gemacht und legt der Kaufpreis nahe, dass es sich um einen funktionstüchtigen, unbeschädigten Gebrauchtwagen handelt, ist das berechtigte Interesse des Verbrauchers dahin geschützt, dass das Fahrzeug abgesehen von Baujahr, Laufleistung und entsprechenden Gebrauchsspuren keine konkreten Beschädigungen aufweist.

Ein vertragliches Abweichen von den objektiv erforderlichen Eigenschaften muss qualifiziert erfolgen. Eine AGB-Klausel, die auf eine Abweichung von den objektiven Kriterien hinweist, ist nicht ausreichend, ebenso wenig eine bloß unqualifizierte Abmachung. In diesen Fällen bilden die objektiven Eigenschaften den höheren Standard und gehen den subjektiven vor.

Wenn man einen verkehrsüblich ausgepreisten Gebrauchtwagen (je nach Baujahr) kauft, darf man daher davon ausgehen, dass dieser zugelassen werden kann und fahrtüchtig ist und keine gravierenden Mängel aufweist. Alles andere müsste explizit (qualifiziert) vereinbart werden, eben nicht vage und schon gar nicht im Rahmen von konsumentenfeindlichen AGB`s. Es geht daher darum, dass diese stillschweigend zugesicherten Eigenschaften einer eigenen Leistung oder eines Kaufgegenstandes nunmehr auch im Gesetz einen Maßstab bilden und im Verbraucherschutz diese objektiv erforderlichen Eigenschaften des Leistungsgegenstandes einen Mindeststandard festlegen sollen.

Verlängerung der Beweislastumkehr

Das Verbrauchergewährleistungsgesetz (VGG) bringt auch im Wesentlichen eine Verlängerung der Beweislastumkehr von 6 Monate auf 12 Monate: Es wird nun ein Jahr lang vermutet, dass der Mangel von Anfang an vorhanden war.

Man geht jetzt insofern von einer gewissen Warenqualität nach objektiven Kriterien aus, die geschuldet wird. Wenn man auf diese verzichten will, muss dies ausdrücklich in einer gesonderten Vereinbarung vereinbart sein, ansonsten greifen die gesetzlichen Regelungen. 

Änderung der Zweistufigkeit des Gewährleistungsrechts:

Auch im Hinblick auf den früheren Aufbau der Zweistufigkeit gab es eine Änderung:

Früher waren Verbesserung und Austausch die primären Gewährleistungsbehelfe. Erst im zweiten Schritt konnte man die Preisminderung bzw. die Wandlung einfordern. Die Wandlung wurde mittlerweile mit dem Begriff der Vertragsauflösung ersetzt. Bei schwerwiegenden Mängeln ist man mittlerweile nicht gebunden, diese primären Gewährleistungsbehelfe zu fordern. Man kann sofort eine Preisminderung oder eine Vertragsauflösung als Verbraucher fordern.    

Anwaltfinden.at: Stichwort „Pauschalierung“: Kann man innerhalb des Vertrages gewisse Vertragsstrafen bei einer allfälligen Nichterfüllung festlegen?

Grundsätzlich unterliegen Verträge der Privatautonomie. D.h. man kann für ein vertragswidriges Verhalten im Vorfeld bereits eine Konventionalstrafe bzw. Vertragsstrafe vereinbaren.

Das Instrument der Vertragsstrafe ist ein pauschalierter Schadenersatz. Sie soll generell im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses den später oft schwierigen Beweis der Höhe eines Schadens ersparen. Sie sollte jedoch nicht sogleich mit astronomischen Summen vereinbart werden, denn die Vertragsstrafe unterliegt generell einem richterlichen Mäßigungsrecht. Es soll nämlich im Fall einer Vertragsverletzung der geschädigte Vertragspartner nicht bereichert werden. Ist die Vertragsstrafe unüblich hoch, kann sie vom Richter nach billigem Ermessen reduziert werden.

Anwaltfinden.at: Wie sollte man bei einer Vertragsverletzung vorgehen?

Folgende Schritte würde ich grundsätzlich empfehlen – und zwar:

Dokumentation

Da man nie weiß, ob ein konkreter aktueller außergerichtlicher Rechtsstreit auch gerichtliche Weiterungen nach sich ziehen wird, sollte man nach Bewusstwerden einer Vertragsverletzung nicht nur mündlich darauf hinweisen, sondern dies unbedingt stets hinreichend schriftlich dokumentieren und daher zunächst stets den Verstoß schriftlich rügen. Selbst wenn man ein Telefonat mit dem Vertragspartner führt und auf die Pflichtverletzung mündlich hinweist, sollte man die wesentlichen Eckpunkte des Telefonats per E-Mail gegenüber dem Vertragspartner hierauf umgehend schriftlich festhalten, sprich die Eckpunkte des Gesprächs der Gegenpartei sofort nach dem Telefonat per E-Mail oder Einschreiben zuschicken.

Das hat den Vorteil, dass dann, wenn der Gegner den eigenen Standpunkt hierauf nicht relativiert, korrigiert oder gar abstreitet, im Falle eines späteren Gerichtsverfahrens ein Richter im Rahmen des Beweisverfahrens höchstwahrscheinlich davon ausgehen wird, dass dieses Gespräch mit diesem Inhalt auch tatsächlich so stattgefunden hat.

Eine solche einfach erzielbare Gesprächsdokumentation hat praxisgemäß einen sehr hohen Beweiswert im Rahmen eines allfälligen Gerichtsverfahrens, denn es gilt weiterhin der alte römisch-rechtliche Grundsatz: „Wer schweigt, scheint zuzustimmen, wenn er sprechen könnte oder müsste“.    

Nachfrist setzen

Sobald man einen Mangel oder eine fehlerhafte Leistung erkennt, ist dieser daher stets auf schriftlichem Weg – am besten per Anwaltsbrief – außergerichtlich geltend zu machen (bestmöglich auch unter Anschluss einer Fotodokumentation). Sofern es sich um einen Verzug handelt, ist es ratsam und gesetzlich geboten, hier eine Aufforderung zur weiteren Leistungserbringung schriftlich zu erklären, sprich eine Nachfrist zu setzen.

Eine Nachfristsetzung ist bei Fixgeschäften, dies sind Geschäfte, die zu einem konkreten Termin erfüllt sein müssen (wie etwa eine Hochzeitstorte für die konkrete Hochzeit am Tag X), nicht mehr von Relevanz, weil offenkundig der Zeitpunkt der geschuldeten Übergabe bereits abgelaufen ist. In diesem Zusammenhang ist eine Nachfristsetzung sinnlos, es sei denn, die spätere Leistungserbringung wird ausdrücklich doch noch gewünscht (zB ein nachträgliches Hochzeitsfoto vor der Kirche, obwohl der Fotograf schuldhaft beim eigentlichen Hochzeitstermin zu spät oder gar nicht gekommen ist).

Unterscheidung Spezies- und Gattungsschuld

Bei der Geltendmachung von Vertragsverletzungen muss man auch zwischen der Spezies- und der Gattungsschuld unterscheiden. Eine Speziesschuld ist ein individuelles oder selektiertes Warengut, wie etwa eine konkrete Luxusuhr, die bereits ausgesucht wurde. Bei einer Gattungsschuld spricht man eben von keiner vertraglich selektierten Ware, wie etwa beispielsweise einem E-Bike einer gängigen Herstellermarke, welches am Markt 100-fach bestell- und lieferbar wäre.

Insofern ist bei der Geltendmachung einer Vertragsverletzung auch diese Klarstellung im Rahmen der eigenen Forderung zu beachten.

Grund der Vertragsverletzung

Primär sollte man natürlich wissen, wie es zu der Vertragsverletzung gekommen ist.

Hat das vom Händler schuldhafte Verhalten dazu geführt, dass er die Leistung nicht erbringen kann? Hat er subjektiv die Unmöglichkeit der Leistung zu verantworten? Handelt es sich lediglich um eine vorübergehende Unmöglichkeit, sprich, ist er lediglich in Verzug?

Beispiel Doppelverkauf:
Ein Käufer A sieht bei einem Juwelier einen Ring und möchte diesen gerne kaufen. Er sichert dem Händler zu, dass er den Ring zum Preis X (zB EUR 1.000,–) kaufen wird, zunächst jedoch auf die Bank gehen muss, um das Geld abzuheben.

Während Käufer A rasch zur Bank geht, kommt in der Zwischenzeit Käufer B in den Laden. Er sieht den zuvor „verkauften“ Ring, möchte diesen unverzüglich für EUR 1.500,– kaufen, und erhält den Ring nach Bezahlung vom Juwelier auch sofort ausgehändigt.

In diesem Beispiel sind aus rechtlicher Sicht beide Kaufverträge grundsätzlich gültig, aber natürlich hat der zweite Käufer, der den Ring vom offenkundig schlechtgläubigen Juwelier übergeben bekommen hat, das bessere Recht. Allerdings ist der Kaufvertrag des Erstkunden weiterhin gültig.

Er kann auf Zuhaltung des Vertrages klagen und in weiterer Folge würde als Ersatz auch eine Forderung auf das „stellvertretende Commodum“ in Frage kommen. Unter dem „stellvertretenden Commodum“ ist ein Vermögensvorteil gemeint und bezeichnet jenen Gegenwert, welcher anstelle der ursprünglichen Ware tritt. In obigen Fall ist es der Kaufpreis des Zweitkäufers, der höher war, nämlich
EUR 1.500,–. Ein Differenzanspruch kommt dann zustande, wenn Käufer A vom Vertrag zurücktritt. Wenn Käufer A jedoch das Erfüllungsinteresse verlangt und am Vertrag festhalten will, kann er vom Schuldner den Wert der untergegangenen bzw. nicht mehr greifbaren Sache verlangen (Austausch).

Es geht somit darum, was die Ware aus Sicht des Käufers für einen Wert gehabt hätte und was die eigene Gegenleistung wert war.

Der Erstkäufer A hat nun das Wahlrecht: Entweder er leistet selbst, was er zu leisten geschuldet hat und bekommt
das stellvertretene Commodum vom Verkäufer, oder er tritt vom Vertrag zurück und bekommt den Differenzanspruch – im vorgenannten „Juwelier-Fall“ EUR 500,– – welchen Schaden der vertragsbrüchige Vertragspartner zu ersetzen hätte.     

Anwaltfinden.at: Habe ich bei verspäteter Leistung bzw. Erfüllung Anspruch auf Schadenersatz?

Wenn man bei einer Verspätung im Rahmen der Leistungserbringung am Vertrag festhält, hat man Anspruch auf den sogenannten Verspätungsschaden (Schaden infolge des Verzugs). Wenn beispielsweise eine angemietete Wohnung nicht – wie vertraglich vereinbart – am 01. November beziehbar ist, sondern erst am 12. November, kann ein Verspätungsschaden geltend gemacht werden, wenn man grundsätzlich am Mietvertrag festhalten möchte.

In solchen Fällen muss ein Ersatzquartier für die entsprechende Zeit aufgesucht werden. Das Entgelt hierfür muss vom säumigen Vermieter ersetzt werden. In diesem Fall haftet der Vertragspartner für jegliche schuldhafte Verzögerung im Rahmen der Leistungserbringung. Empfehlenswert ist es jedenfalls, solche Fälle allfälliger Verspätungsschaden vertraglich im Vorfeld genau zu regeln, wie gerade in Fällen von Bestandverträgen oder in sonstigen Bereichen, die von essentieller wirtschaftlicher Bedeutung sind (etwa Bauwarenlieferungen oder Bauleistungen von mehreren Handwerkern im Rahmen eines Dachgeschoßausbaus, welche auf die jeweilige fristgerechte Leistungserbringung des Anderen im Rahmen der Bauplanung des gesamten Dachgeschoßausbaus angewiesen sind – zB Spengler, Dachdecker, Elektriker etc.).

Anwaltfinden.at: Was passiert, wenn ich vom Vertrag zurücktrete? Kann ich dann noch immer Schadenersatz begehren?

Wenn der Vertragspartner eine schuldhafte Vertragsverletzung verursacht hat, und man sich aufgrund des Vertrauensbruchs dazu entschließt, vom Vertrag zurückzutreten und keine Klage auf Zuhaltung des Vertrages einbringt, ist ein Nichterfüllungsschaden zu ersetzen.

Diese gesetzliche Regelung gibt es auch bereits in vorvertraglichen Vertragsverhältnissen. Wenn Vertragsverhandlungen scheitern, ist aufgrund des schuldhaften Verhaltens des Gegenübers auch der sogenannte Vertrauensschaden zu ersetzen. Das ist jener Schaden, der einer Vertragspartei entstanden ist, weil sie gutgläubig den Vertragsabschluss erwartet hat, und dies auch nach allgemeiner Verkehrsauffassung berechtigterweise durfte, und bereits wirtschaftliche Dispositionen getroffen hat. Wenn man vom Vertrag zurücktritt und eine wirksame Rücktrittserklärung abgibt, ist man berechtigt, diesen Nichterfüllungsschaden geltend zu machen.

Anwaltfinden.at: Haben Sie womöglich einen letzten Tipp für unsere User, wenn es um das Thema Vertragsverletzungen geht?   

Ich würde jedem, egal ob ein privater oder unternehmensbezogener Vertrag vorliegt, dazu raten, unbedingt einen thematisch sachkundigen Rechtsanwalt und Experten im Vertragsrecht aufzusuchen, sollte man Hilfe bei der Erstellung benötigen, oder lediglich diverse punktuelle Verständnisfragen hinsichtlich eines Vertragsentwurfes der Gegenseite in Zusammenhang mit einem bedeutsamen und wirtschaftlich nachhaltigen Vertrag haben. Gerade die anwaltliche Vertragsprüfung bei außerordentlich bedeutsamen Investitionen, zB der Abschluss eines Bauträgervertrages oder vermeintlichen „Standard-Autokaufs“ oder „Mietvertragsabschlusses“ sollte es jedem Rechtssuchenden grundsätzlich wert sein, einen fach- und sachkundigen Anwalt zu konsultieren.

Ebenso gilt dies offenkundig bei Erbenübereinkommen oder Ehepakten, welche ja offenkundig auch einen Vertrag darstellen.

Die Notwendigkeit der anwaltlichen Konsultation ergibt sich nicht nur im Hinblick auf die vorausblickende Regelung von Vertragsverletzungen. Gerade bei einer Vertragserrichtung hinsichtlich komplexer Themenkreise gilt es, spätere Streitpunkte oder –potentiale bereits im Vorfeld zu erkennen vermeiden und mit anwaltlicher Hilfe und Erfahrung vorausblickend vertraglich zu regeln.

Dabei sollte daher stets ein prozess- und vertragserprobter Anwalt die erste Anlaufstelle sein. Dessen breite anwaltliche Expertise und langjährige Prozesserfahrung kann sich in weiterer Folge für den Rechtssuchenden dahingehend rentieren, dass einem eigene Streitigkeiten vor Gericht erspart bleiben, und im Vertragsverletzungsfall eine außergerichtliche Lösung zwischen den Vertragsparteien rasch und zufriedenstellend erreicht werden kann, wenn diese vertraglichen Thematiken im Vorfeld in klaren Worten von einem anwaltlichen Vertragserrichter geregelt worden sind, und hierauf seitens der Parteien einvernehmlich vereinbart wurden.

Insofern ist die breite Prozesserfahrung eines Anwalts doch ein entscheidender Vorteil im Rahmen der Vertragserrichtung im Vergleich zu sonstigen juristischen Berufsfeldern.

Abschließend verweise ich nochmals auch auf den Grundsatz: Quod non est in actis, non est in mundo. Was nicht in den Akten steht, existiert nicht. Sei es nur eine Punktation des zuvor Besprochenen oder geführten Telefonats, es empfiehlt sich zu Beweiszwecken stets, alles bestmöglich schriftlich zu dokumentieren und dem Gegenüber umgehend zu übermitteln.

Rechtsanwalt und Vertragsexperte Mag. Christian Sander

Wurde in Ihrem individuellen Vertragsanliegen nicht die vertragliche Leistung gebracht, die Sie sich wünschten oder wurde jener Vertrag nur mangelhaft erfüllt, haben Sie verschiedene Möglichkeiten nach dem österreichischen Gewährleistungsrecht.

Herr Rechtsanwalt Mag. Christian Sander unterstützt Sie gerne bei einer allfälligen Vertragsverletzung und informiert Sie umfassend über Ihre Rechte. Im Rahmen eines Beratungsgesprächs in seiner Kanzlei in Velden am Wörthersee können erste Schritte geklärt und eine Lösung, ganz nach Ihren Interessen, erarbeitet werden. Mehr Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Herrn RA Mag. Christian Sander auf anwaltfinden.at. 

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