anwaltfinden.at: Frau Mag. Krüger, können Sie sich und Ihren beruflichen Werdegang kurz vorstellen?
Gerne! Ich bin gebürtige Oberösterreicherin, verheiratet und Mutter von zwei Mädchen. Ich habe an der Universität Wien Rechtswissenschaften studiert und meine Konzipientenausbildung in Groß- und Wirtschaftskanzleien in Wien abgelegt. Anschließend habe ich im Jahr 2012 meine Anwaltsprüfung abgeschlossen und nun bin ich seit Jänner 2015 selbständige Anwältin, mit besonderer Spezialisierung im Vertrags- und Familienrecht.
anwaltfinden.at: Das Thema heute ist der Ehevertrag. Wie stehen Sie zur folgenden Aussage: „Wer einen Ehevertrag abschließt, hat schon vor der Heirat die Trennung im Sinn.“
Solch ein Denken kommt in unserer Gesellschaft sehr häufig vor! Klar klingt es vielleicht im ersten Moment etwas unromantisch, wenn es darum geht, vor der Hochzeit mit seinem Partner darüber diskutieren zu müssen, wie einzelne Aspekte vermögensrechtlich geregelt werden können. Aber ein Ehevertrag kann in vielen Fällen eine gegenteilige Wirkung erzielen. Vielfach liegt eben der Grund genau darin: Streitigkeiten zwischen den Eheleuten, die sich über deren finanzielle Verhältnisse nicht einig sind. Ich denke, keiner wird während der Ehe genauestens Buch darüber führen, wer welchen Betrag wann investiert hat. Durch klare Regelungen der Verhältnisse im Ehevertrag können daher solche Streitigkeiten vorgebeugt werden.
„Ein Ehevertrag bietet Ihnen rechtliche Sicherheit. In jederlei Hinsicht!“
anwaltfinden.at: Kurz zur Erläuterung; was ist überhaupt ein Ehevertrag und wann ist dieser sinnvoll?
In Österreich gilt zwar das gesetzliche Ehegüterrecht und damit das System der gesetzlichen Gütertrennung, aber auch hier kann es im Fall einer Scheidung kompliziert werden. Gerade weil das Thema Scheidung ein sehr emotionales Thema ist und sich auf sensiblen Terrain abspielt, ist es empfehlenswert, wenn man durch einen Ehevertrag Streitpunkte präventiv klären kann. Unter einem Ehevertrag versteht man also einen privatrechtlichen Vertrag zwischen Ehepartnern, in dem sie für die Ehe und vor allem für den Fall einer eventuellen Scheidung bestimmte Vereinbarungen festlegen. Diesen Vertrag können die Ehepartner entweder vor der Eheschließung treffen oder wenn man bereits verheiratet ist. Ich empfehle einen Ehevertrag noch vor der Eheschließung aufzustellen, weil es mitunter recht komplex werden kann, derartige Regelungen erst dann zu klären, wenn man schon ein paar Jahre verheiratet ist.
Besonders sinnvoll ist die Errichtung eines Ehevertrages
- wenn die Vermögensverhältnisse zwischen den Ehepartnern sehr unterschiedlich sind.
- wenn ein Partner selbständig ist, ein Unternehmen besitzt und/oder eine Geschäftsführertätigkeit ausübt.
- wenn durch die Familie des einen Ehepartners sehr viel Vermögen in die Ehe eingebracht wird oder wenn dieser generell reichlich Vermögen besitzt.
- wenn Anteile an Immobilien, Liegenschaften etc. im Vorhinein geregelt werden sollen.
- wenn beide Partner berufstätig sind und der Wunsch besteht, dass jeder über sein Vermögen frei verfügen kann.
anwaltfinden.at: Was kann alles in einem Ehevertrag geregelt werden?
Im klassischen Sinn ist der Ehevertrag dazu da, Vereinbarungen über die finanziellen Angelegenheiten beider Ehegatten zu treffen. Dabei wird beim Inhalt zwischen den ehelichen Ersparnissen, der Ehewohnung und dem dazugehörigen Hausrat sowie dem ehelichen Gebrauchsvermögen unterschieden. Das Ehepaar kann also darüber entscheiden, wie zum Beispiel die Ersparnisse aufgeteilt werden oder wer in der Ehewohnung nach einer allfälligen Scheidung verbleiben soll.
Des Weiteren sind Vereinbarungen über den Unterhalt möglich. Ein vollständiger Verzicht auf den Ehegattenunterhalt während aufrechter Ehe ist nicht möglich, aber man kann für den Unterhalt nach der Scheidung Regelungen treffen. Jedoch kann man festhalten, dass sich während aufrechter Ehe derzeit keine Unterhaltspflicht aufgrund der Einkommensverhältnisse ergibt; gänzlich darauf verzichten geht wie gesagt nicht.
Der Vorteil bei einer einvernehmlichen Scheidung ist, dass der Ehevertrag bei der Aufsetzung der Scheidungsfolgenvereinbarung herangezogen werden kann. Das gilt aber nur dann, wenn keine Vereinbarungen darin enthalten sind, welche sittenwidrig wären. Das Gericht würde dem Ehevertrag folglich nicht zustimmen.
anwaltfinden.at: Können auch private Regelungen im Vertrag festgehalten werden? Wenn ja, wie hoch ist die Chance, dass diese rechtlich durchsetzbar sind?
Persönliche, intime oder gar private Regelungen dürfen in einem Ehevertrag nicht verbindlich festgelegt werden. Darunter fallen beispielsweise Gedanken, wie sich die Ehepartner das gemeinsame Leben vorstellen, Kinderwünsche oder Fremdgeh-Klauseln. Das Gericht wird in der Regel solche Bedingungen nicht durchsetzen, bzw. können diese Klauseln nicht gerichtlich eingeklagt werden. Hierzu ein Beispiel: Ein Ehegatte darf dem anderen Ehegatten bei einer allfälligen Scheidung nicht die Pflicht auferlegen, wenn es um den Aufenthalt des gemeinsamen Kinder bzw gemeinsamer Kinder geht, im gleichen Wohnort wohnhaft bleiben zu müssen und nicht umziehen zu dürfen. Solch eine Regelung wird von der Rechtsprechung als sittenwidrig angesehen und ist daher nicht durchsetzbar.
anwaltfinden.at: Stichwort Erbrecht: Können in einem Ehevertrag auch erbrechtliche Regelungen getroffen werden?
Ja, das ist möglich. Man kann beispielsweise einen Ehevertrag mit einem Erbvertrag kombinieren. Häufig werden in Eheverträgen Erb- und Pflichtteilsverzichte von den Ehepartnern wechselseitig abgegeben, aber man kann natürlich auch für den Fall des Todes die Übertragung an Vermögen an den anderen Ehepartner darin regeln. Dabei darf jedoch nicht über das gesamte Vermögen verfügt werden, sondern es muss in jedem Fall ein Viertel des Vermögens frei bleiben. Jenes Viertel darf auch nicht durch Schulden oder Pflichtteilsansprüchen belastet sein. Sollte man keine Verfügung über dieses eine Viertel treffen, kommt wie üblich der erbberechtigte Erbe zum Zug.
Wichtig zu wissen ist, dass der Erbvertrag jederzeit einvernehmlich aufgelöst werden kann, wenn es zum Beispiel zur Scheidung kommt. Sobald die Scheidung rechtskräftig ist, erlischt der Erbvertrag automatisch – sowohl bei gleichteiligem Verschulden als auch ohne Verschulden. Wenn die Scheidung jedoch durch alleiniges Verschulden des einen Ehegatten zustande kommt, bleiben die Ansprüche aus dem Erbvertrag für den nicht schuldig geschiedenen Ehepartner aufrecht. Möchte man im Zuge des Ehevertrages solche erbrechtlichen Regelungen treffen, sollte man das stets berücksichtigen!
anwaltfinden.at: Auch beim Ehevertrag gibt es Grenzen, was die Vertragsfreiheit betrifft. Welche Klauseln sind ein No-Go und bringen meist eher Nachteile für den einen Ehepartner mit sich?
Grundlegend sollte festgehalten werden, dass die meisten Klauseln, die zu Benachteiligungen führen, sittenwidrig sind. Ein großes Thema ist aber immer noch die finanzielle Position der Frau. Oft wird in einem Ehevertrag eine sogenannte Ausgleichszahlung für die Frau bestimmt. Dies soll als Ausgleich für die Betreuung der Kinder und dem daraus folgenden Verzicht auf die Karriere dienen. Jedoch kann der Ausgleich die Einkommensbußen, die sie dadurch hat, dass sie zu Hause bleibt und ihrer Karriere nicht nachgehen kann, nicht im Entferntesten ausgleichen. Hier kommt es also immer wieder zu Benachteiligungen.
Es kann nur geraten werden, dass man mit Abschluss des Ehevertrages kein überflüssiges Misstrauen entstehen lassen sollte. Die Ehepartner sollten daher keine Klauseln treffen, die von Vornherein als benachteiligt gelten. Der Vertrag dient als feste Grundlage, um nicht nur die eigenen finanziellen Interessen zu schützen, sondern auch die des Ehegatten. Ziel meiner anwaltlichen Arbeit ist es natürlich, solche nachteiligen Regelungen erst gar nicht mit in den Ehevertrag aufzunehmen bzw. das Ehepaar hiervon abzuraten. Mir ist es wichtig, dass beide Seiten gleiches Recht haben und fair behandelt werden; sowohl bei der Rechtsberatung als auch im vertragsinhaltlichen Sinne.
anwaltfinden.at: Was darf familienrechtlich in einem Ehevertrag NICHT geregelt werden?
In einem Ehevertrag dürfen u.a. folgende Dinge nicht geregelt werden:
- private Regelungen, welche die aufrechte Ehe betreffen, wie Treue- und Beistandspflicht, Beischlaf, sexuelle Forderungen etc.
- vollständiger Unterhaltsverzicht,
- Obsorge- und Unterhaltsregelungen von Kindern; dies sind bloße Absichtserklärungen und können vom Gericht im Scheidungsverfahren anders getroffen werden,
- allgemeine Vorstellungen im Hinblick auf (gemeinsamen) Kinder, wie etwa deren Erziehung, Bildung etc.
- sowie alle anderen Regelungen, die den Ehegatten oder dessen Leben in jeglicher Hinsicht beeinträchtigen.
anwaltfinden.at: Haben Sie möglicherweise noch den ein oder anderen Tipp, worauf man bei der Erstellung eines Ehevertrages unbedingt achten sollte?
Einen Ehevertrag zu errichten, stellt oft eine gewisse Hemmschwelle dar. Viele haben die Befürchtung, dass es mit dem anderen Ehegatten zu Streitigkeiten kommt, wenn es um den Inhalt des Ehevertrages geht. Hat man das Gefühl, vom eigenen Partner mit den Forderungen im Vertrag überrumpelt zu werden, entscheidet man sich möglicherweise eher dagegen. Wenn man wirklich vorhat, einen Ehevertrag abschließen zu wollen, sollte man sich unbedingt mit seinem Partner zusammensetzen und sich hierfür reichlich Zeit nehmen. Wichtig ist, einander die Beweggründe zu erklären, ehrlich nach der Meinung des anderen zu fragen und ihn auf keinen Fall mit irgendwelchen Forderungen zu überfallen.
Da man vor der Hochzeit meistens alles durch die rosarote Brille sieht, ist es umso wichtiger bereits im Vorhinein daran zu denken, wie sich das neue Eheleben weiterentwickeln könnte. Lebensumstände, Berufstätigkeit, Einkünfte & Co können sich immer im Laufe der Zeit ändern! Denken Sie daher nicht nur an die Gegenwart, sondern besprechen Sie auch Ihre Zukunftsgedanken mit ihrem Partner. Egal, ob es um eine mögliche Selbständigkeit geht, ein Unternehmen gegründet werden will, in Wertpapiere etc. investiert werden oder man sich Immobilien kaufen möchte – schaffen Sie Klarheit!
Ferner gibt es immer mehr Ehen mit Auslandsbezug bzw. bei der mehrere Länder involviert sind. Auch hier ist es wichtig zu wissen, welches Recht zur Anwendung kommt. In jedem Land gibt es unterschiedliche Regelungen des Eherechts. Möchte man dann einen Ehevertrag erstellen, sollte man sich mit dem jeweiligen Recht auseinandersetzen und sich genauestens darüber erkundigen.
anwaltfinden.at: Wie können Sie – als Expertin und Rechtsanwältin im Vertrags- und Familienrecht – Mandanten beim Aufsetzen eines Ehevertrages helfen?
Besonders die Errichtung des Ehevertrages passiert nicht von heute auf morgen; hierbei sollte man sich wirklich Gedanken machen und mit seinem Partner über den Inhalt sicher sein. Die Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt und Experten im Ehe- und Familienrecht ist daher von großer Bedeutung, da Sie so in einem professionellen Umfeld über Ihre Rechte und Pflichten umfassend aufgeklärt werden. Es schadet auch nicht, sich bereits vor der Heirat beraten zu lassen, sodass man sich zum Thema Hochzeit & Vermögensaufteilung frühestmöglich Informationen einholen kann. Als Ihre Anwältin stehe ich gerne zur Seite, wenn es darum geht, abzuklären, welche Aspekte im Ehevertrag geregelt werden sollten und was eher nicht. Hier ist stets ein gewisses Maß an Fingerspitzengefühl gefordert, denn man möchte natürlich keineswegs einen Ehepartner vor vollendete Tatsachen stellen, ohne mit diesem darüber gesprochen zu haben.
Anwaltliche Beratung bei der Gestaltung und Prüfung von Eheverträgen; Ihre Ansprechperson im Eherecht Mag. Marlene Krüger, LL.M.
Sind Sie sich mit Ihrem Partner noch nicht sicher, ob ein Ehevertrag wirklich sinnvoll ist oder möchten Sie zur Ausgestaltung des Ehevertrages rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen, dann steht Ihnen die Rechtsanwaltskanzlei Mag. Marlene Krüger, LL.M. in 1030 Wien gerne zur Seite. In einem persönlichen Beratungsgespräch können Fragen und individuelle Anliegen ausführlich besprochen werden. Weitere Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Rechtsanwältin Mag. Marlene Krüger, LL.M. auf anwaltfinden.at.