anwaltfinden.at: Frau Dr. Burkhart, können Sie sich unseren Usern bitte kurz vorstellen?
Ich habe in Salzburg Jus studiert und hier Juni 1990, also vor 31 Jahren, meine eigene Rechtsanwaltskanzlei gegründet. Seit 18 Jahren bin ich ebenso als Mediatorin tätig, wofür ich natürlich eine Zusatzausbildung benötigt habe.
Ein besonderer Schwerpunkt meiner Tätigkeit ist das Vertragsrecht, sei es Übergabsverträge, Schenkungsverträge, Kaufverträge und so weiter.
anwaltfinden.at: Sie verfügen über eine langjährige Erfahrung als Rechtsanwältin und sind unter anderem Expertin im Vertragsrecht – Worauf legen Sie bei der Betreuung Ihrer Fälle besonderen Wert?
Diesbezüglich wandle ich das Sprichwort „Vorbeugen ist besser als heulen“ insofern ab, als bei Verträgen gilt: „Vorsorgen ist besser als danach streiten“. Das heißt, wenn man in einem Vertrag auf jene Dinge, die Probleme machen und zu Konflikten führen können, besonderes Augenmerk legt und dazu Entsprechendes vereinbart, braucht man nachher nicht zu streiten.
anwaltfinden.at: Was versteht man unter Wohnungseigentum, wie wird dieses definiert?
Wohnungseigentum bedeutet, dass man die ausschließliche Nutzung und alleinige Verfügung über eine Wohnung, ein Geschäftslokal, einen Abstellplatz und dergleichen (=Wohnungseigentumsobjekt) hat. Es handelt sich also um Objekte, an denen der Wohnungseigentümer ausschließlich nutzungsberechtigt ist und über die er allein verfügen kann im Sinne von Verkaufen, Verschenken, Belasten etc. kann.
Auf der anderen Seite ist man nicht nur ausschließlicher Eigentümer von Wohnungseigentumseinheiten, sondern man ist gleichzeitig auch Miteigentümer an – grob gesagt – der Außenhaut des Gebäudes, am Dach, an der Fassade, den Türen und Fenstern, an den Balkonen und am Grund, auf dem das Gebäude steht, also an den Allgemeinteilen.
anwaltfinden.at: Wo ist der Unterschied zu schlichtem Miteigentum?
Das ist eine wichtige Unterscheidung.
Ein Beispiel: Im Rahmen einer Erbschaft erben drei Kinder ein Grundstück mit einem Haus darauf. In diesem Fall erbt jedes Kind ein Drittel und die drei Erben werden schlichte Miteigentümer. Man weiß somit nicht, wer welchen Raum oder welches Stockwerk ausschließlich nutzen darf, sondern es gehört jeder Stein, jeder Grashalm jedem zu einem Drittel. Darin liegt der wesentliche Unterschied zum Wohnungseigentum, bei dem klar konkretisiert ist, was der einzelne Eigentümer allein nutzt und woran er Miteigentum hat.
Beim schlichten Miteigentum gehört also jedem alles anteilig. Daher ist bei einer Entscheidungsfindung, zum Beispiel, ob das Dach repariert werden soll oder ob ausgebaut werden soll, immer Einstimmigkeit notwendig. Sollte es in dem Haus nur eine Wohnung geben, kann man sich die Nutzung natürlich nicht zu dritt teilen, außer die Eigentümer vermieten gemeinsam das ganze Haus und dritteln die Mieteinnahmen. Nutzt das Haus einer der Dritteleigentümer selbst, kann dies mit einer Art Mietzahlung für die 2/3 Anteile der anderen Miteigentümer ausgeglichen werden, weil diese ihr jeweiliges Drittel nicht nutzen. Um Klarheit zu schaffen und Konflikte zu vermeiden, ist dringend zu einer Benützungsvereinbarung zu raten, die die Miteigentümer miteinander abschließen und die sogar ins Grundbuch eingetragen werden kann.
anwaltfinden.at: Wie wird Wohnungseigentum begründet, welche Voraussetzungen müssen hierfür erfüllt sein?
Begründet wird das Wohnungseigentum entweder durch einen Vertrag im Zuge eines Kaufes oder zwischen schlichten Miteigentümern, die aus dem Miteigentum herauswollen und Wohnungseigentum begründen möchten oder durch ein gerichtliches Urteil. Wenn es zum Beispiel zwei schlichte Miteigentümer gibt und einer verkaufen möchte und der andere nicht, kann der Verkaufswillige eine Teilungsklage einbringen und bei Vorhandensein zweier gleichwertiger Wohnungen die Begründung von Wohnungseigentum durch das Gericht verlangen. Dann kann jeder für sich entscheiden, wann sein Wohnungseigentumsobjekt verkauft wird, und es wird der Gesamtverkauf, wie er nach Teilungsklage drohen würde, verhindert.
Der Fachausdruck für die Begründung von Wohnungseigentum ist hierbei Parifizierung. Damit Wohnungseigentum begründet werden kann, braucht es den Wohnungseigentumsvertrag, eine Bestätigung über die Anzahl der Wohnungseigentumsobjekte entweder von der Baubehörde oder von einem Ziviltechniker oder einem allgemein beeideten und gerichtlich beeideten Sachverständigen für Hochbau- oder Immobilienwesen, und von Letzterem auch ein Nutzwertgutachten.
Die Begutachtung, ob wirklich taugliche Objekte für Wohnungseigentum vorhanden sind, kann man sich wie folgt vorstellen: Es gibt ein Stiegenhaus, von dem pro Stockwerk mehrere Türen in einzelne Wohnungen hineinführen. Diese Wohnungen sind vom Stiegenhaus her abgeschlossen. Es handelt sich somit um wohnungseigentumstaugliche Wohnobjekte.
Wenn man sich hingegen ein klassisches Bauernhaus vorstellt, von dessen Erdgeschoss aus fünf Türen weggehen, hinter denen sich jeweils nur ein Raum – keine ganze Wohnung – befindet, dann ist die Erdgeschosswohnung nicht wohnungseigentumstauglich. Der Eigentümer der Wohnung im oberen Stockwerk müsste nämlich durch die Wohnung im Erdgeschoss hindurchgehen, um zur Stiege zu gelangen, die in seine Wohnung führt. Das ist unzulässig. Mit diesem Nutzwertgutachten wird ausgedrückt, wie viel jedem Wohnungseigentümer am Gesamtobjekt gehört. Im Gegensatz zu dem vorhin angesprochenen Drittel, das sich daraus ergibt, dass drei Leute Eigentümer einer Sache sind, ist im Wohnungseigentum eine genaue Berechnung jeder Wohnungseigentumseinheit im Verhältnis zu allen auf der Liegenschaft bestehenden Wohnungseigentumseinheiten erforderlich. Hierbei wird die Fläche jeder einzelnen Wohnung, jedes Geschäftslokals, jedes Gartens, jedes Kfz-Abstellplatzes, sprich, aller Objekte, über die ausschließlich genützt werden, aufgenommen und bewertet.
So wird jeder Wohnungseigentumsanteil als Bruch dargestellt, im Zähler steht der Gegenwert des eigenen Objekts, das man ausschließlich nutzt. Im Nenner steht hingegen die Gesamtsumme aller Wohnungseigentumsobjekte auf der betreffenden Liegenschaft. Dieser Bruch ist außerdem wichtig, weil er ausdrückt, in welcher Höhe man sich an den gesamten anfallenden Kosten des Hauses beteiligen muss. Dies nämlich nur in dem Verhältnis des Nutzwertes der eigenen Wohnungseigentumseinheit zum Nutzwert sämtlicher Wohnungseigentumsobjekte auf der gesamten Liegenschaft.
anwaltfinden.at: Welche Rechte und Pflichten haben Wohnungseigentümer?
Die Wohnungseigentümer einer Liegenschaft bilden die sogenannte Eigentümergemeinschaft. Das bedeutet, sie tragen alle Kosten, seien es Betriebskosten, Heizkosten, Sanierungskosten, Reparaturkosten gemeinsam. Ebenso wenn die Gemeinschaft beschließt, irgendetwas zu verbessern, wie etwa beispielsweise einen Lift einzubauen. Derartige Kosten tragen sie gemeinsam, und zwar immer nach jenem Bruch, in dem ihr jeweiliger Wohnungseigentumsanteil ausgedrückt wird.
Weiters ist im Wohnungseigentumsgesetz genau geregelt, wie die Wohnungseigentümer gemeinsam zu Entscheidungen kommen. Das Grundlegende hierbei ist, dass vieles mit Mehrheitsentscheidung funktioniert, wobei es allerdings Minderheitenrechte gibt.
Wenn eine Person in einem bestimmten Objekt zum Beispiel drei große Wohnungen kauft und sich daher bereits die Mehrheit sichern kann, kann sie dennoch, aufgrund der Minderheitenrechte, nicht über alles allein entscheiden. Um gegen einen solchen Mehrheitsbeschluss vorzugehen, kann man das Außerstreitgericht aufsuchen und dem dortigen Richter darlegen, wie unfair die jeweilige Entscheidung wäre und wie hart diese den Einzelnen treffen würde. Der Richter kann den Mehrheitsbeschluss aufheben.
anwaltfinden.at: Was kann bzw. welche Punkte sollten jedenfalls in einem Wohnungseigentumsvertrag geregelt werden?
Der Wohnungseigentumsvertrag wird bei Begründung von Wohnungseigentum errichtet und bildet die Basis für die Eigentümergemeinschaft. Im Normalfall schließen mindestens zwei Parteien einen Wohnungseigentumsvertrag miteinander ab.
So kann diesen etwa der Bauträger mit dem ersten Käufer abschließen. Alle späteren Käufer von Wohnungen oder Geschäften in dem Bauprojekt treten diesem Vertrag bei. Dieser Wohnungseigentumsvertrag ist damit für alle weiteren Käufer gültig und ebenso für diejenigen, die die Wohnung vom ursprünglichen Käufer geschenkt bekommen, kaufen oder geerbt erhalten.
In einem Wohnungseigentumsvertrag kann etwa geregelt sein, dass man einen abweichenden Aufteilungsschlüssel vereinbart. Man kann darin beispielsweise festhalten, dass jene Personen, die im Erdgeschoss wohnen, nichts zum Lift zuzahlen müssen. Das wäre ein abweichender Aufteilungsschlüssel, der oft, jedoch nicht immer, in das Grundbuch eingetragen wird. Außerdem wird im Grundbuch nur der Hinweis abweichender Aufteilungsschlüssel vermerkt, weshalb man wiederum im Wohnungseigentumsvertrag nachschauen muss, worauf sich die Abweichung bezieht.
Des Weiteren kann im Wohnungseigentumsvertrag festgehalten werden, wenn allgemeine Teile speziell genützt werden sollen oder ob eine Freifläche von der Wohnungseigentümergemeinschaft vermietet werden kann. In diesem Fall spricht man von einer Benützungsregelung.
Weiters bindet der Wohnungseigentumsvertrag auch alle Rechtsnachfolger. Deswegen ist es wichtig, dass man sich, wenn man eine Eigentumswohnung, die schon lange errichtet ist, kauft, darüber informiert, was in dem ursprünglichen Wohnungseigentumsvertrag genau geregelt ist und ob es später einstimmig beschlossene Abweichungen davon gibt, was bei der Hausverwaltung aufliegt. Einmal getroffene Regelungen behalten nämlich ihre Gültigkeit, bis einstimmig davon abgegangen wird.
anwaltfinden.at: Tipp einer Rechtsanwältin: Was raten Sie Personen, die eine Eigentumswohnung erwerben möchten? Worauf sollten diese besonders achten?
Mein erster Tipp ist, mit der Hausverwaltung in Verbindung zu treten. In den meisten Fällen werden Objekte, in denen Eigentumswohnungen bestehen, professionell durch eine Hausverwaltung betreut. Diese ist für die jährliche Abrechnung der Gesamtkosten zuständig und verwaltet die Einzahlungen in den Rücklage- bzw. Instandhaltungsfonds. Schließlich ist es wichtig, für größere Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten anzusparen, die alle Wohnungseigentümer ereilen, sobald ein Gebäude altert, das Dach undicht wird, die Heizung erneuert werden muss oder die Fenster undicht werden etc. Das ist ein weiterer Vorteil des Wohnungseigentums, da im Gesetz geregelt ist, dass es eine solche Rücklage geben muss. Im schlichten Miteigentum ist diesbezüglich nichts geregelt.
Ich würde Kaufinteressenten für eine Eigentumswohnung daher dringend raten, sich zu informieren, wie viel auf diese Rücklage bereits einbezahlt ist. Jeder, der neu hinzukommt, muss nämlich nur die laufenden Einzahlungen mittragen. Bei einem Kauf ist es daher wichtig, zu wissen, wie hoch die Rücklage bereits ist und in welchem Zeitraum größere Sanierungsmaßnahmen geplant sind, die man als künftiger Wohnungseigentümer natürlich mittragen muss.
Ein weiterer wesentlicher Punkt ist, dass man sich informiert, was alles zu dem jeweiligen Wohnungseigentumsobjekt gehört. Man benötigt sowohl das Nutzwertgutachten als auch den Wohnungseigentumsvertrag, um zu prüfen, ob einem zum Beispiel das richtige Kellerabteil verkauft wird und nicht zwischen Vorgängern etwa ein Tausch stattgefunden hat, von dem nichts in den Unterlagen zu finden ist. Bindend ist, was im Grundbuch auf Basis des Nutzwertgutachtens und des Wohnungseigentumsvertrags eingetragen ist. Auch sollte man sich informieren, ob etwa die Dachfenster einer Dachgeschosswohnung schon immer vorhanden waren oder vom Verkäufer eingebaut worden sind. Das könnte nämlich heißen, dass man als dessen Nachfolger die weiteren Kosten allein zu tragen hat, sollte Undichtheiten bei dem von ihm eingebauten Dachfenster auftreten.
anwaltfinden.at: Wie können Sie, als Rechtsanwältin und Expertin im Vertragsrecht, Mandanten bei der Errichtung bzw. Prüfung eines Wohnungseigentumsvertrages unterstützen?
Indem ich die zuvor angeführten Punkte für die Käufer prüfe und sie– sollte ein neuer Wohnungseigentumsvertrag zu errichten sein – dahingehend berate, was einzelne Wohnungseigentumsobjekte oder dazugehörige Zubehörflächen, wie Gärten etc. sein könnten und was Allgemeinflächen. Gerade in Zweifamilienhäusern besteht oft die Problematik, dass Messeinrichtungen, Kamine und sonst jedem zugängliche Einrichtungen in einer Wohnungseigentumseinheit liegen dürfen.
Ich besorge jedenfalls, wenn es um den Kauf einer bereits parifizierten Wohnung geht, den grundlegenden Wohnungseigentumsvertrag und das Nutzwertgutachten, damit es diesbezüglich keine Überraschungen geben kann.
Erwähnenswert ist, dass sich das Wohnungseigentum mittlerweile geöffnet hat, sodass man nun zu zweit Wohnungseigentum erwerben kann, also die sogenannte Eigentümerpartnerschaft bildet, ohne verheiratet sein zu müssen, wie es lange Zeit der Fall war. Diesbezüglich weise ich immer darauf hin, dass das Wohnungseigentumsgesetz erbrechtliche Sonderbestimmungen enthält.
Ein Beispiel: Zwei Geschwister bekommen eine Wohnung geschenkt und sorgen vertraglich nicht vor. Die Schwester hat ein Kind, der Bruder hat zwei Kinder und verstirbt. In diesem Fall erben die beiden Kinder seine Wohnungseigentumshälfte nicht, weil diese Hälfte nur an eine Person gehen kann. Der Anteil des Bruders kommt somit automatisch der Schwester zu, die die Hälfte des Wertes in die Verlassenschaft einzahlen muss. Der automatische Eigentumsübergang an die Schwester ist nicht durch ein Testament änderbar! Die beiden Kinder des Bruders erhalten nur laut Testament oder Erbrecht den für sie vorgesehenen Anteil an der Zahlung der Schwester.
Wenn man diesbezüglich Bescheid weiß, können die betroffenen Geschwister Vereinbarungen miteinander treffen, die diese gesetzliche Automatik des Wohnungseigentumsgesetzes abändert. Man kann die Zahlung erlassen, die Zahlung reduzieren oder vereinbaren, dass eines der beiden Kinder an die Stelle des Verstorbenen tritt. Diese Möglichkeiten bestehen, um die vom Gesetz vorgesehene Situation den entsprechenden Bedürfnissen des Einzelfalls anzupassen.
Herzlichen Dank für das Interview
Ich lege besonderen Wert auf eine vertrauensvolle und transparente Zusammenarbeit mit meinen Mandanten – Rechtsanwältin Dr. Florence Burkhart
Sie haben weitere Fragen bezüglich der Themen Wohnungseigentum und Wohnungseigentumsvertrag oder ein anderes vertragsrechtliches Anliegen? Dr. Florence Burkhart nimmt sich gerne Zeit für Sie. Kontaktieren Sie die Rechtsanwaltskanzlei am Kajetanerplatz 5, 5020 Salzburg und vereinbaren Sie einen Termin zu einem ausführlichen Beratungsgespräch. Weitere Informationen sowie Kontaktdaten finden Sie auf dem Profil von Rechtsanwältin und Vertragsrechtsexpertin, Dr. Florence Burkhart, auf anwaltfinden.at und unter burkhart.at.